High Tech zum Dank

Es ist womöglich typisch amerikanisch, aber es ist auch High Tech: High Definition TV kann tatsächlich was! Und wenn dann gar sinnvolles Programm übertragen wird (in der höchst egoistischen Bedeutung sinnvoll, als es mich interessiert), so kann man der neuen Technologie nur freudig gegenüber treten: die Met überträgt ja seit einigen Saisonen die Premieren ihres Spieljahres über Satellit in Kinosäle – nun eben auch in Österreich.

Wohl, der Altersdurchschnitt der Besucher springt an so einem Abend merklich an, es altelt überall. Die planlosen Damen und Herren, die nicht in der Lage sind, den Saal 3 zu finden, der gradaus riesengroß ausgeschildert ist (wiewohl sie sich ansonsten blind mit Ortungen wie Rängen, Galerien oder Parkett umgehen können). Die scheinen nicht behirnen zu wollen oder zu können, dass man das Wo und Wohin nicht wissen muss, sondern nur den Anschilderungen zu folgen braucht. Anders als in der Oper, wo die Dinge weitaus esoterischer sind.

Die Skepsis ist groß. Bei mir aber gewinnt die Freude oberhand ob der Bequemlichkeit, die uns alsgleich umfängt: für Opernverhältnisse geradezu riesige Polstermöbel, fußfrei, dass in der Oper bis zu drei Reihen Platz hätten, Ellbogenfreiheit zu beiden Seiten – was will man eigentlich mehr? So schlecht kann doch die Met gar nicht sein.

Und natürlich ist sie es auch nicht. Weniger, weil heute Annissima Netrebko und Roberto Alagna als Roméo et Juliette durch einen Reigen allerliebster Melodien von Charles Gounod geleiten; wiewohl es ein Erlebnis ersten Ranges ist, derart überlebensgroß hautnah an dieser Liebesgeschichte teilzunehmen. Nein, sie ist durch und durch gut, eine wunderbar runde Aufführung gelingt ihr, kein Körnchen Staub.

Maestro Placido Domingo dirigiert, wie wohl nur einer, der selber singt, oder gesungen hat, es seinen Sängern rechtmachen kann; darunter Isabel Leonard als Stéphano, die mir einen bleibenden Eindruck jugendlicher Verve hinterlassen hat, dabei pfiffig schauspielerte und bisweilen übermütig alberte. Ein famoses Debut der jungen New Yorkerin.

Das ist alles zweifellos alles moderner Regiearbeit zu danken: Guy Joosten schuf eine offene Plattform für die Sänger, zwang weder in muffige Werktreue noch in unsingbare Verrenkungen. Viel Intimität, wie es der Geschichte ansteht, durchsetzt von perfekt choreografierten Kampf- und Massenszenen.

Zum Glück kann man in dieser Saison noch ein paar Mal in die Met gehen, hier in Wien…

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