In Bertl Mütters Komponierhäuschen

Man stellt sich das normalerweise recht fad vor, bei einem Komponisten in der Werkstatt. Wenn ich an Mahlers Komponierhäuschen denke, glaube ich nicht, dass es da besonders was zu sehen oder erleben gegeben haben wird. Aber der hat uns ja auch keine Führung und kein Werkgespräch angeboten.

Das Konzerthaus hat es sich in dieser Saison angelegen sein lassen, den von mir seit jeher bewunderten Mit-Steyrer Bertl Mütter für eine Reihe von Vorveranstaltungen, was immer das eigentlich bedeuten mag, zu gewinnen, uner dem Titel Schule des Staunens. Und was soll ich sagen? Gestaunt hab‘ ich.

Eine Stunde vor dem Abonnement-Termin mit den Symphonikern präsentierte er sein opus düdt – Dialog über die Torheit für zwei Akkordeonisten und sparsame Tröte in einer Art von Werkstattblick.

Ich war zunächst etwas enttäuscht, hätte ich mir doch eine Darbietung erwartet, aber zum Glück wird man da nicht gefragt. Meister Mütter hat eine pointierte und pointenreiche Führung durch sein Werk vorgelegt, die mehr als nur amüsant sondern überaus erhellend war. Wenn man den Wagner noch durchaus zu hören im Stande gewesen wäre, so gehört das Motiv aus der Filmmusik des deutschen Science Ficton Unfalls Raumpatrouille Orion (Komponist Peter Fischer) zu den eher ephemeren musikalischen Erinnerungen.

Bertl Mütters Präludium war auf jeden Fall wohltuend und deutlich frischer als das anschließende Konzert der Wiener Symphoniker unter Mark Elder: das Vorspiel ist relativ das beste am Parsifal, damit hat sich’s dann aber schon: die ganze Oper ist mir ein Graus. Hier bestehe ich auf die Ignoranz des Ahnungslosen. Dann das Violinkonzert von Britten (Solist: James Ehnes). Nun ja, es klingt viel Prokofiev durch, aber da könnte man vielleicht besser gleich das Original… In Britten wird das ganze Elend der englischen Musik nach John Dowland offenbar, die es erst mit Harrison Birtwistle wieder auf internationales Niveau geschafft hat, nach einem knappen halben Jahrtausend. Und zum Schluss Mendelssohn-Bartholdys Reformationssymphonie. Immerhin das zweitbeste Stück an diesem Abend – nach düdt.

Es war eine intellektuell sehr ertragreiche Woche:

  • Geologin Maria Heinrich beglückte mich Mittwoch morgens im Ö1 Wissenschaftseck mit der Maxime: die Einzelkornbetrachtung bringt beim Sand nicht so viel,
  • dem Bertl verdanke ich die eigentlich naheliegende, aber gewöhnlich verborgene Erkenntnis, dass sich ein G’scheiter wohl blöd stellen kann, es aber umgekehrt auf gewisse Schwierigkeiten stößt, wollte sich ein Blöder g’scheit stellen *
  • sowie die Wiedererweckung des längst verschütt gegangenen: Rücksturz zur Erde!

* allerdings arbeitet unsere gesamte Regierungsmannschaft mit Hochdruck daran, diesen Wunschtraum der Menschheit Realität werden zu lassen – und so richtig arg weit weg sind sie davon ja gar nicht.

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