Die hard 2007

Im endlich und mühsam erreichten 21. Jahrhundert ist es ja beileibe nicht mehr so, dass Kierkegaard uns noch allzu viel zu sagen hätte. Und wenn, dann allenfalls ex negativo. Ein Gedankengebäude, das von sich behauptet, auf dem Fundament des Glaubens und im Lichte der Existenz Gottes zu stehen, hat mit ziemlicher Sicherheit ausgedient.

Interessant ist allerdings, von Kierkegaard in seiner Frühschrift von 1843 Furcht und Zittern geäußert, die Entgegensetzung von Befehl Gottes und moralischem Imperativ; bei ihm führt diese Entgegensetzung qua Primat des Glaubens zu einer Suspension der Moral, exemplifiziert am Beispiel der biblischen Abrahams-Geschichte: Abraham gehorcht Gott und wird seinen Sohn Isaak opfern, obgleich selbst auf der Basis der (unterentwickelten) Moralphilosophie des Alten Testaments klar ist, dass es sich dabei um einen kaltblütigen Mord handelt. Allein, der Befehl Gottes steht über allen Regularien unter den Menschen, sogar wenn man unterstellen könnte, dieser Befehl entspringe nicht mehr dem Wohlmeinen des Herrn. Der Glaube, dass der Herr schon wissen wird, was er tut, entschuldigt die Tat. Ja es ergibt sich geradezu ein Zwang, dem zu folgen.

Wir leben in einer Zeit, in der diese Diskrepanz noch lang nicht aus dem Weg geräumt ist – oder jedenfalls sind wir Europäer wieder und wieder die Düpierten, wenn unser sekulares Verständnis des Menschen mit einem heutzutage fundamental genannten Gottesprimat zusammenstößt, wie er sich in der islamischen Welt präsentiert.

Wir neigen dazu, deswegen im Namen unserer christlichen Herkunft Abscheu zu äußern. Doch ist der Gedanke zutiefst christlich: wir haben nicht mit den Ratschlüssen Gottes zu rechten. Schon Jesus hatte sich dem Todesbefehl des Vaters zu opfern. Man kann jetzt sagen, das sei ja der Witz an der Sache: die Erlösung der Menschheit. Auf der anderen Seite setzt sich schon an diesem frühen Ort und Zeitpunkt der Glaube ins Mißverhältnis zu seiner Botschaft. Gott trachtet nach dem Tod eines Menschen und die ganze Nächstenliebe geht über Bord. Einer muss sich opfern. Und Abraham muss Isaak opfern. Ungläubige müssen in die Luft gesprengt werden. Es ist ziemlich einerlei.

Wie auch in der Metaphysik wird die gesamte Gemengelage deutlich einfacher, wenn man Gott aus der Gleichung entfernt. Es hat sich herausgestellt, dass man durchaus unbeschadet existieren kann, ohne ihn anzunehmen. In der heutigen Realität ist der Glaube mehr eine Geschmackssache, will heissen, dem freien Willen unterstellt. Wir können uns das aussuchen, so wie andre Hobbies halt auch.

Und der fanatische Glaube ist ein Heimsuchung ähnlich manch einer Krankheit und anderen geistigen Verwirrung. Eine Einbildung, die natürlich auch Halluzinationen in Gestalt göttlicher Befehle hervorzubringen im Stand ist. Wenn sich also die Kierkegaard’sche Frage der Entscheidung zwischen Gott und der Moral je wieder stellen sollte, ist sie einfach zu beantworten. Man streiche dasjenige, ohne das man leicht genausogut zu Rande kommt.

Die Faktenlage ist klar. Die Erziehung der Fanatiker ist noch eine offene Frage. Gerade die simplen Modelle, die der Glaube uns zum Weltenverständnis anbietet, scheinen trotz aller offenbaren Falschheit nicht totzukriegen zu sein.

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