Nahe tränender Erschütterung

Dem Feldherrn Aetius kann man zusehen, wie er sich – der strahlende Sieger über die Hunnen, der sie erfolgreich am Einfall in Italien hinderte – in einen Konflikt mit seinem Kaiser verstrickt, der ihn beinahe das Leben kosten wird. Doch zum Glück ist die Bühne des Georg Friedrich Händel kein blutrünstiger Ort, das lieto fine bringt ihm, neben der neu erspiessenden Gunst ebendesselben Kaisers, vor allem die Vereinigung mit der angebeteten Fulvia. So schön kann die Geschichte hinter der Oper sein.

Schöner ist aber die Musik, die Altvater Händel seinem Ezio spendierte – und mindestens schön ist auch zu nennen, was das kammerorchesterbasel unter Ottilio Cremonesi da im Theater an der Wien konzertant zu Gehör bringt.

Wiewohl dem an Alan Curtis, Mark Minkowski oder Rinaldo Alessandrini geschulten Ohr inzwischen etwas modern im Sinne von un-barock erscheint, wie die Baseler da musizieren. Aber das sind eher Streitfälle für unentwegte Besserwisser.

Die Titelpartie sang der Amerikaner Lawrence Zazzo ganz ohne martialischen Einschlag, eher ein Höfling, denn so scheint es der Meister komponiert zu haben: der lyrische Tonfall ist seine Sache, und wohl auch angebracht, geht es doch um die Erringung der Geliebten im Gespinst nahezu tödlicher Intrigen.

Jene, die Fulvia der argentinischen Sopranistin Veronica Cangemi, eine schon gute Bekannte in barocken Rollen am Theater an der Wien, ist stimmlich nahezu perfekt: bei ihrer selbstbewussten Arie La mia costanza im zweiten Akt stand ich diesmal wirklich hart am Rande tränender Erschütterung.

Dem Kaiser Valentinian – einem typischen spät-römischen décadent – verleiht die Mailänderin Sonia Prina adäquaten Ausdruck, dem Massimo der junge italienische Bariton Vittorio Prato, dem Bösewicht Varo der Bass Antonio Abete.

Bemerkenswert aber vor allem die Onoria der Schwedin Krisina Hammarström : ihr hat Händel nicht allzu viel Musik in den Ezio geschrieben, die Arie Finché per te mi palpita zu Ende des zweiten Aktes ist aber ein Meisterstück, das die schwedische Mezzosopranistin mit allen Anzeichen wahrer Verzweiflung zu bringen weiss.

Wenn ich mir auch beim kammerorchesterbasel, das vorwiegend für Klassik (ein vielbeachteter Beethoven-Symphonienzyklus ist im Entstehen) und klassizistische Musik (Strawinski, Strauss, Britten u.a.) bekannt ist, keineswegs sicher bin, ob sich der Abstecher ins barocke Fach wirklich gelohnt hat, so ist es doch ein lohnender Abend.

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