Lang lebe Zerbinetta!

Es mag schon sein, dass Hofmannsthal seine Feder gut gespitzt in die Schlacht führte: des reichen Mannes Umgang mit der Kunst war Ziel seines Spotts. Der leistet sich eine ernste Oper und eine Buffo-Truppe als Ausgleich zu seinem Fest. Doch kurzfristig packt ihn die Allmacht, und er verordnet Gleichzeitgkeit. Man spiele die ernste Oper und die Buffa zugleich!

Was wie das Setting für eine Burleske klingt, ist dann doch nichts von Bedeutung. Libretto und Oper lassen jede, aber auch wirklich jede Chance zu einer quirligen Verquickung ungenützt passieren.

Im Falle der Ariadne auf Naxos von Richard Strauss ist das zwar in Hinsicht auf das Lustspiel bedauerlich, als Werk der Opernliteratur haben die beiden einmal mehr Bleibendes geschaffen. Vielleicht auch tun einfach die Spitzen in einer heutigen Welt, die an Gröberes und gar Grobschlächtiges gewohnt ist, nicht mehr ganz so weh. Oder es ist auch Strauss – und mit ihm Hofmannsthal – den Weg des Klassikers gegangen und hat auf diesem Weg viel von dem, was einst lebendig war, eingebüsst. Dem Dorfrichter Adam aus Kleists Zerbrochenem Krug kann man ja auch nur mehr schwerlich etwas abgewinnen – dem segensreichen Wirken einiger Generationen von Deutschlehrern zum Dank.

Doch nein, überholt mag allenfalls der Witz sein, jedoch ist der nur einer der geringeren Bestandteile der Oper. Deren bedeutendster ist die Zerbinetta, einfach hinreissend und jugendfrisch gegeben von Daniela Fally. Sie scherzt mit Koloratur und koloriert kokett, umspielt die Männer und ihren Konterpart, die etwas mopsige Ariadne – fast wagneresk gesungen von Meagan Miller -, glatt an die Wand.

Wollten Autor und Komponist den Kontrast zwischen hoher, aber fader Kunst und leichter Muse mit einem Schuss Amoureske darstellen, so ist ihnen das in nahezu perfekter Weise gelungen, wenngleich man sich die Parodie etwas weniger drastisch wünschen würde. Offenbach gegen Wagner ist kein Duell. Da muss man keinen vor dem andern in Schutz nehmen, ein Aufeinanderprallen beider ist eigentlich unmöglich; dass es bei Strauss dann doch stattfinden muss, bedauerlich.

Im kurzen Vorspiel dominiert Cornelia Horak als Komponist. Das Unfertige, Knappe dieser Szene bringt sie eigentlich um einen sagenhaften Erfolg. Man bekommt nicht genug von ihr, im Sinne dieser Kürze. Und hätte doch gern mehr.

Die Herren von der Comedy-Truppe – Klemens Sander, Christian Drescher, Stefan Cerny und Juan Carlos Falcón – spielen immer ein Stück hinter ihren Rollen her, die drei Grazien – Julia Koci, Alexandra Kloose und Mara Mastalir – erfüllen die ihre perfekt: sie töten Nerv. Und in ihrem Töne, töne süße Stimme steigen sie endgültig ins Banale hinab. Doch dafür können sie wenig, das haben Hofmannsthal und Strauss so notiert.

Das Orchester unter Gerrit Prießnitz müht sich redlich, über weite Strecken ist auch gar nicht zu bemerken, dass sie es mit einer schwierigen Partitur zu tun haben. Dazwischen immer mal wieder aber leider doch: in der letzten Szene der Ariadne verlieren sie beim Ausdruck ein Wenig den Faden.

Ansonsten ist das alles eher brav und bieder. Man fragt sich natürlich, musste man das extra aus Celovec übernehmen? In die Volksoper passt es, kann man sagen. Es werden wie gewöhnlich viele Leut‘ von da nach dort geschickt, meistens ist Bewegung, bewegt sich irgendwer im Vorder- oder Hintergrund, man weiss zwar nicht warum, aber so sind wenigstens die Zuschauer mit Zuschauen beschäftigt. Der mediale Wirbel über die Inszenierung von Josef Ernst Köpplinger ist kaum nachzuvollziehen. Bühnenbild und Kostüme sind – nun ja – passend für ein Landestheater. Immerhin, es staubt nicht wie in der Staatsoper.

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