Man ist halt besseres gewohnt

Es geht ja gar nicht anders: natürlich lobt Renée Fleming – auch heute wiederum Host der Live in HD-Übertragung aus der MET – die Sängerriege über den grünen Klee; es wär nicht Amerika, es wär nicht die MET – und es wär nicht Live in HD.

Um aber ehrlich zu sein: auch abgesehen von der Tatsache, dass erwähnenswerte Namen fehlten, ist diese Aufführung des Trovatore von Giuseppe Verdi eine Repertoirevorstellung – wenn auch in wohlmeinendem Sinn. Stellenweise Lichtblicke, durchwegs passabel, nahezu niemals schwach.

Den Troubadur habe ich aber offenbar noch nicht oft genug gesehen, um eine Vorstellung davon entwickelt zu haben, was mich zu begeistern vermöchte. Oder liegt es daran, dass das Werk in der Regel wenig inspiriert über die Bühnen geht?

Von Inspiration ist auch in der MET wenig zu spüren, wenngleich Regisseur David McVicar und sein Ausstatter Charles Edwards dem nervigen Reigen der Szenenwechsel entschieden zu Leibe rücken, indem sie alles fein nebeneinander auf dem Drehteller präsentieren, damit die keine Umbaupausen entstehen. Das wäre dann aber schon der einzige Pluspunkt dieser Inszenierung.

Welcher Teufel die Herrschaften dabei verblendet hat, die Handlung in den Amerikanischen Bürgerkrieg zu verlegen, weiß man nicht, jedenfalls scheint es sich schon im Leading Team nicht herumgesprochen zu haben. Die Kostüme wollten da als einzige passen, aber sogar das nicht durchgängig. Grundsätzlich widersetzt aber die allein schon Handlung sich dieser historischen Verortung: die Verwurstung von Leidenschaft und Krieg nimmt man vielleicht irgendwelchen mittelalterlichen Spaniern ab, da weiß man bekanntlich nichts genaues, aber keinesfalls den Yankees und Konföderierten.

Zudem nehmen sich die Bauten auf der Bühne wie ziemlich exakte Nachbildungen mittelalterlicher spanischer Ruinen aus, was gleichfalls nicht nach Amerika passen will. Genausowenig die prominent platzierten Kreuze und hängenden Jesusse, auch dass Leonora sich anschickt, ins Kloster zu gehen. Die ganze Transplantation scheint auf halbem Wege abgebrochen worden zu sein.

Marco Armiliato leitet das Bühnenorchester mit sicherer Hand und liefert einen Verdi ab, der alle Nuancen zwischen kraftvoll laut und pianissimo con dolore souverän beherrscht. Die Sänger ließen sich zum Großteil dazu animieren, den wechselvollen Stimmungen der Partitur zu folgen, Grund für ernsthaften Jubel gaben sie aber nicht:

  • LeonoraSondra Radvanovsky (die sich redlich mühte, aber doch hölzern blieb)
  • AzucenaDolora Zejick (die leider zum Verschlucken des Textes neigte)
  • ManricoMarcelo Alvarez (wohl der beste von allen auf dieser Bühne)
  • LunaDmitri Hvorostovsky (der im presto hörbar schnaufte)
  • FerrandoStefan Kozán

Es war in dieser Saison die bisher schwächste Aufführung. Erinnerlich besser als die in der Staatsoper – vor mehr Jahren als es diesen Blog gibt – und in etwa so gut wie die im Liceu oder in Stockholm war sie aber auch. Man ist nur besseres gewohnt.

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