Zu Gast: die Klassik der Moderne

Ausgerechnet die Bamberger Symphoniker kommen nach Wien, um uns die Quintessenz unserer zweiten Klassik zu präsentieren: Dirigent Jonathan Nott brachte ein Programm mit, das von den Wurzeln in Schönbergs Klavierstücken bis in die rhythmischen Ausbrüche in Bartóks Konzerten führte.

Einleitend spielte Pierre-Laurent Aimard die Drei Klavierstücke op. 11 von Arnold Schönberg. 1909 steckte Schönberg mitten im Umbruch: in den Klavierstücken hat er erstmals die Tonalität hinter sich gelassen. Doch sie sind nicht bloss ein historisches Dokument geblieben, sondern lebendige Klavierliteratur, zumindest wenn ein Könner wie Aimard sie spielt.

Alban Berg komponierte die erste Fassung seiner Drei Orchesterstücke op. 6 1914 am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Wie eine gespenstische Ahnung tauchen hier die späteren Schrecken in musikalischer Dichte auf. Die Bamberger stellten die impressionistischen Schrecken glasklar in den Raum des Großen Konzerthaussaals, vielleicht hielten sie sich stellenweise sogar eine Spur zu sehr zurück.

Nach der Pause folgten – als frühe Anleihe eines ernsten Komponisten an den Jazz – die Octandre von Edgar Varése – und so klingt das Werk auch: als sezierte jemand die rhythmischen Eigentümlichkeiten und gewohnten Melodielinien des Jazz und spielte jene Bauteile losgelöst von ihrem Zusammenhang. Das ist natürlich keineswegs der Fehler des Oktetts aus Bamberger Symphonikern, sondern wohl eher das Mißverständnis Varéses im Umgang mit dem fremden Material.

Danach spielte Pierre-Laurent Aimard mit schlagkräftiger Unterstützung der Schlagwerker ein stringentes, rhythmisch entfesseltes Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 von Béla Bartók, was dann in der Tat eine nicht so häufig gehörte Freude war.

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