Funktionales Spiel, nüchtern, frei von artifizeiller Phrasierung, kräftig und dabei ungeduldig – das Klavierspiel Sergej Prokofjews war zu seiner Zeit der Inbegriff des Neuen, nicht im Sinne einer Mode sondern eines Paradigmenwechsels, wie ihn Bartók, Stravinskij und andere für den Instrumentalvirtuosen propagierten.
Der junge österreichische Pianist Markus Schirmer demonstrierte im Großen Saal im Konzerhaus am 2. Klavierkonzert von Prokofjew eben diese klare, technisch brilliante, aber am Werk und nicht an der eigenen Artistik orientierte Spielweise, wie sie heute eigentlich den Standard darstellen sollte – bedauerlicherweise aber nicht immer ist. einzig mit seiner Zugabe, einer recht banalen Schumann’schen Träumerei, folgte Schirmer der effekthascherischen Allüre vieler Pianisten – bei Fazil Say mußte es partout die Kleine Nachtmusik sein, einzig Lang Lang hatte Modernes gewählt. Naja, auch Zugaben gehen vorbei.
Das Orchester des Mariinski Theaters St. Petersburg unter Valery Gergiev – zuletzt nicht gerade von der Kritik verwöhnt für ihre Aufführungen von Tschaikowski’s Eugen Onegin im Theater an der Wien – konnte aber beweisen, was Meister Gergiew aus einem Theater-Orchester herauszuholen im Stande ist: mit dem Klavierkonzert präsentierten sie sich als präziser, aber nicht kalter, von echter Spielfreude durchdrungener Klangkörper, die sichtliche Mitgerissenheit des Dirigenten scheint sich perfekt aufs Orchester übertragen zu haben.
In Tschaikowski’s 5. Symphonie wählten sie sich eine weitere Spielwiese für die große Gestik. Vom Trauermarsch der Einleitung an dominieren die dunklen Farben. Besonders das vierfache Forte, mit dem am Schluß des 2. Satzes das „Schicksalsmotiv“ in die idyllisch melodische Liedform einbricht, scheint richtiggehend Spaß gemacht zu haben. Und das darf es. Nach dem weniger prominenten Walzersatz kommt das schicksalschwere Motiv endlich als tragende Komponente des Schlußsatzes zum Einsatz – und nicht mehr als störender Einbruch, um endlich in einem Triuphmarsch auszuklingen.
Als Zugabe spielten die Petersburger noch die symphonische Miniatur Baba Jaga von Anatoli Ljadow, eine orchestrale Fingerübung.
Eine Aufnahme des Komponisten selbst (Prokofjew spielt Prokofjew) aus den dreißiger Jahren ist erhalten geblieben, sodass wir hören können, wie der Urheber es gemeint hat…