Wien Modern 2007 / 5 (Musikverein, Brahmssaal)
Was Frank Zappa in den 80ern so weit zur Verzweiflung brachte, dass er das Touren aufgab, war der Bierernst, der sich im Konzertleben breit gemacht hatte. In der Neuen Musik ist es wohl meistens ähnlich: die Suppe hat heiß und bitter ausgelöffelt zu werden.
Die Gelegenheiten für Spaß in der Neuen Musik – von HK Gruber und der schelmischen Seite von Friedrich Cerha einmal abgesehen – sind einigermaßen rar. Schön ist, dass Peter Keuschnig und das Ensemble Kontrapunkte sich in ihrem Konzert einer gewiss nicht leichteren, aber umso erfrischenderen Muse verschrieben.
Schon das eingangs gespielte Concerto da Camera des 2000 freiwillig aus dem Leben geschiedenen Wieners Gerhard Schedl leitete mit seinen spielerischen Formen und den phasenweisen Anklängen an Jazz oder den frühen Stravinskij einen recht vergnüglichen Abend ein. Die Anklänge an die klassische Symphonik, ja bis zurück in die barocken Concerti Grossi ließen sich durchaus auch als augenzwinkernde Zitate hören.
Luciano Berio’s Chemins II (su Sequenza VI) von 1967 waren dagegen ernste und ernsthafte Arbeit: für Gertrud Rossbacher auf der Bratsche nicht minder wie für die Ohren der Zuhörer.
Dafür gab’s nach der Pause Berio’s Recital I for Cathy für Mezzosopran und 17 Instrumentalisten – eine veritable musikalische Version von Fellini’s Orchesterprobe… Wenn es auch im Recital keineswegs um politische Dimensionen geht, der Spaß an der Destruktivität – oder die Destruktivität des Spaßes, wie man will – führt dennoch über verschiedene Stadien der Schadenfreude an einer verzweifelnden Sangeskünstlerin vorbei in einen chaotischen Höhepunkt, aus dem nur noch ein Chanson in der besten Tradition Berio’sche Liedkomposition helfen kann.
Die dramatische Partie der vom Orchester im Stich gelassenen Sängerin gab die auf Neue Musik spezialisierte italienische Mezzosopranistin Alda Caiello, die vor einigen Jahren noch unter der Leitung von Luciano Berio dessen Folk Songs aufführte, aber auch schon mehrfach mit dem Ensemble Kontrapunkte zusammengearbeitet hat. Natürlich zeigte sie sich auch den zahlreichen Zitaten aus der großen Oper gewachsen, die Berio samt clownesker Einlagen der anderen Ensemblemitglieder in sein Recital verwoben hat.
Auch Neue Musik darf Humor haben – wenn sich das auch nicht allzu weit herumgesprochen zu haben scheint.