Von einer Geschichte des Islam tät‘ ich mir entfernt so etwas wie Geschichtsschreibung im bei uns üblichen Sinn erwarten: dass sich der Autor – in seiner Rolle als Historiker – dem wissenschaftlichen Prozedere unterzieht, Quellen sichtet und hinterfragt, damit ich das nicht tun muss.
Klar gibt es zu historischen Interpretationen immer wieder divergente Positionen, auch gibt es Fortschritte in der historischen Forschung, die nicht immer von allen im gleichen Tempo akzeptiert werden. Was man über-euphemistisch Islamwissenschaft nennt, scheint dem gegenüber aber eine vollkommen kritiklose Abschreibübung aus den kanonischen Schriften einer Religionsgemeinschaft zu sein.
Wir würden uns schön bedanken, schriebe jemand für eine Geschichte des frühen Christentums ein paar Kapitel zum historischen Jesus einfach aus dem Neuen Testament ab. Genau das aber tut der immerhin an deutschen Unviersitäten ausgebildete, habilitierte und lehrende Eberhard Serauky in geradezu ungeheuerlicher Frechheit. Das beginnt schon damit, dass er die mündliche Überlieferung von Schriften über fast zwei Jahrhunderte für exakt und getreu befindet, ganz wie es dem Dogma des Islam entspricht. Und dann schreibt er Seitenweise vermeintlich historische Tatsachen aus dem Koran ab, von dem noch nicht einmal geklärt ist, in welcher Sprache er ursprünglich geschrieben wurde – es scheint nämlich hohe Anteile an aramäischem Text zu geben, was seit vielen Jahrhunderten zu erheblichen Verständnis- und Interpretationsproblemen führt, wenn daraus im Arabischen ansonsten unbekanntes „Koran“-Vokabular entsteht.
Das ist eine Methode, die bei religiösen Überlieferungen angeht – vornehmlich weil es eh wurscht ist, welchen Quargel man glaubt, wenn man bereit ist, zu glauben – und in fast allen Religionsgemeinschaften üblich ist, bei einem bei uns staatlich besoldeten „Wissenschafter“ sollte solches Vorgehen aber eher zu einer Suspendierung denn zur Publikation führen. Das ganze ist, zumindest im ersten Drittel, ein Märchenbuch. Mit Historizität hat das berichtete Material wenig bis gar nichts zu tun, es referiert eine religiöse Überlieferung im Mantel wissenschaftlicher Diktion.
Besonders perfide ist, dass hier Textkritik an Texten betrieben wird, deren Entstehungsgeschichte blindlings geglaubt wird. So kann natürlich ein historisch nicht greifbarer Autor den anderen historisch nicht greifbaren Autor wunderbar stützen.
Eine Würdigung des Faktums, dass es für die meisten „historischen“ Tatsachen des frühen Islam in außerislamischen Quellen – und die Leutchen sollten das wohl bemerkt haben, schließlich wurden sie angeblich erobert -, sucht man hier natürlich vergeblich. Dafür wird mit dem gesamten hochgestochenen Instrumentarium und im Jargon der Islam-„Wissenschaft“ doziert, was leicht zu dem Einruck führen kann, man hätte eine fundierte Darstellung vor sich.
Vor diesem Buch ist zu warnen: es ist genau das, was der Titel vorgibt, nicht – eine Geschichte des Islam…
Ein Gedanke zu “Eher ein Märchenbuch”