Kein Ergebnis ist bekanntlich auch ein Ergebnis: beim sogenannten Gipfeltreffen Rio+20 von 20. bis 22. Juni 2012 in Rio de Janeiro ist – erraten! – nichts herausgekommen. Das ist natürlich genauso wenig eine Überraschung wie die verheerende Ökobilanz eines solchen Großevents eine sein kann.
Richtig gehandelt – wenn auch aus den falschen Motiven – haben jene elf Mitglieder der Delegation des Europäischen Parlaments, die Ihre Reise zum Event kurzerhand abgesagt haben; nämlich auf Protest gegen exorbitant hohe Hotelkosten, aber leider nicht wegen absehbarer Sinnlosigkeit.
Immerhin scheint diesmal der Zenit dieser Unsinnigkeiten, der vor 10 Jahren in Johannesburg mit etwa 50.000 Teilnehmern erreicht worden war, offenbar überschritten. Wenn so ein Langstreckenflugzeug je nach Modell und Auslastung zwischen 5,5 und 4 Liter pro 100 Personenkilometer verbraucht, die Entfernung nach Johannesburg oder Rio von den meisten Hauptstädten einen hübschen Transkontinentalflug ausmacht, kann man sich ja leicht ausrechnen, welchen großartigen Beitrag die Herrschaften da zur Klimabilanz geleistet haben.
Und keiner von denen kann ernsthaft behaupten, er/sie hätte nicht schon vor dem Abflug daheim gewusst, dass am Ende nichts herauskommen würde.
Zwei Dinge sind eigentlich ziemlich klar: erstens ist ein Teil des Klimaproblems vom Menschen verursacht, na warum denn auch nicht, schließlich leben inzwischen insgesamt über 7 Milliarden von uns auf diesem Planeten, das kann ja wohl auch gar nicht ohne Schaden abgehen; zweitens ist unser gegenwärtiger Ressourcenverbrauch alles andere als schonend.
In beiden Fällen lässt sich aber trefflich darüber streiten, in welchen Ausmaßen das zutrifft und welche Folgen es haben wird.
In seinem Blog astrodiciticum simplex schreibt Florian Freistetter vom krassen Missverhältnis zwischen der Zustimmung der Klimawissenschaftler und der Berichterstattung der Medien zur Frage, ob der Klimawandel real und menschengemacht sei. Das schaut jetzt natürlich so aus, als wären die Medien da die Bösen. Und auch der Antrieb dahinter ist dingfest zu machen: sie wollen immer beide Seiten zur Wort kommen lassen, obwohl es da doch wohl überhaupt gar keine andere Seite mehr geben darf!
Nachdem ich selbst mit den Grundlagen der Statistik und dem Erstellen von Modellen gut vertraut bin, habe ich mich nach einer nicht allzu langen Beschäftigung mit den Klimamodellen, die da in Verwendung stehen, bald wieder kopfschüttelnd abgewandt. Ich halte diesen Zirkus für einen Irrsinn an Geldverschwendung.
Es kommt dabei etwas heraus, das wir eh schon wissen, nur macht die Methode es um kein Jota wissenschaftlicher, als es so auch schon ist. Wenn Aussagen mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 66 oder 67 Prozent für zutreffend erachtet werden, dann ist das , mit Verlaub gesagt, näher an den 50 Prozent als an der Gewissheit – und 50 Prozent bei der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses ist exakt jener Punkt, an dem man gar nichts ableiten kann.
Um bei der Klima-, nein, ich weiß, korrekt: Wetter-Forschung zu bleiben: was würden wir von der Auskunft halten, die Wahrscheinlich, dass es heute Abend unser Grillfest verregnen werde, liege bei 66 oder 67 Prozent?
Es geht hier nicht darum, böswillig Klimaforschung und Wettervorhersage in einen Topf zu werfen. Es geht um die Frage, draußen oder drinnen feiern… Wir sind geneigt anzunehmen, dass von 100 Grillfesten an 100 Tagen immerhin 67 ins Wasser fallen werden. Aber bei einer Prognose eines Ereignisses geht es darum, ob wir aus diesem Verhältnis eine Handlungsanweisung ableiten können – und welche.
Für mein Grillfest müsste ich das wohl dergestalt umsetzen, eine Location zu suchen, die beides ermöglichte. Jede andere Lösung, das sagt einem der Hausverstand als Grillfestveranstalter, wäre ein Vabanquespiel. Auch eine Kostenabwägung brächte mich da nicht weiter, das Dilemma bleibt bestehen, auch wenn ich in Betracht ziehe, dass die Zwei-Möglichkeiten-Lösung das Doppelte kosten kann.
Das Gute beim Grillfest ist, dass ich die Kosten recht genau abschätzen kann. Bei der Klimakatastrophe können wir die Kosten ehrlicherweise überhaupt nicht abschätzen, weil schon die Vorhersage dieser Katastrophe auf wackligen Beinen steht. Und das führt in den Kern jedweden Prognose-Problems: das Prinzip Garbage in – Garbage out gilt ganz zuinnerst.
Wenn ich also meinem Modell Datenreihen füttere, die ich mir zurechtgeschustert habe – egal wie penibel und gewissenhaft und ehrlich ich das gemacht habe -, gehe ich das enorme Risiko ein, dass die Abweichung zur Realität größer wird, sobald ich neue Daten dazu bekomme, die ich nicht in der Modellerstellung drin hatte. Weil ich eben eine Reihe von Annahmen über die korrespondierenden Daten der Vergangenheit getroffen habe, die innerhalb von teils erheblichen Bereichen genauso gut auch hätten anders ausgefallen sein können, und hätte ich sie eben vorher schon vorliegen gehabt, auch anders in mein Modell eingeflossen wären (oh, ich liebe eine solche Ballung an Konjunktiven!).
Um es kurz zu sagen: jeder Parameter, den ich für eine Prognose schätzen muss, bringt Unsicherheit in diese Prognose, weil ich ihn eben nicht mit Sicherheit vorhersagen kann. Das gilt auch für die Wettervorhersage für das heutige Grillfest – mit dem Unterschied, dass die Regenwerte der vergangenen Zeiträume lange genug zurück exakt bekannt sind und nicht selber noch Artefakte darstellen oder enthalten können.
Jeder dieser Parameter bekommt ein individuelles Gewicht, mit dem er in die Gleichung eingeht. Ist aber der Eigenwert des Parameters bereits unsicher, gilt das natürlich erst recht für das Gewicht, das ihm aufgrund der Analyse der Vergangenheitsdaten zugemessen wird – meine zu erwartende Fehlerspanne wird deutlich größer: ist mein Parameter um die Einheit 1 falsch, geht das nicht mit dem Wert 1 in den Gesamtfehler ein, sondern mit 1 multipliziert mal seinem Gewicht. Aber das Gewicht sollte auch anders sein, als es ist.
Habe ich nun mehrere Parameter im Modell, so addieren sich die Fehlerspannen nicht einfach, sondern gehorchen einer weitaus aggressiveren Beeinflussung: man kann nämlich nicht davon ausgehen, dass sich die Fehler in den Parametern so in beiden Richtung gestreut erweisen, dass am Ende eh das rauskommt, was man haben will.
Was herauskommt, ist eine mögliche Verteilung der Fehler, die umso breiter wird, je mehr Parameter das Modell umfasst. Gar nicht zu reden von solchen Parametern, die sich später als einflussreich herausstellen, aber im Modell noch gar keine Berücksichtigung finden – wir kennen das Phänomen landläufig auch unter dem Namen Zukunft.
Summa summarum: meiner Meinung nach lohnt der Versuch, die nicht unkomplexen klimatischen Bedingungen dieses Planeten über einen Prognosehorizont von mehreren Jahrzehnten vorhersagen zu wollen, die Mühe nicht.
Was der Versuch aber lohnen dürfte, scheint sich auf einer Metaebene abzuspielen: it’s the funding, stupid! Wie aus einem Beitrag von Ernst Peter Fischer unschwer abzuleiten ist, gibt es offenbar von einer Vielzahl von Stellen eine Vielzahl von Budgettöpfen, um dieses Thema zu erforschen oder sich zumindest damit zu beschäftigen.
Klimaforschung ist ein konjunkturell ungeheuer stark befeuertes Wissenschaftsgebiet. Das ist das eine. Das andere ist, dass kein luckiger Heller von all diesen Fundings dafür bereitgestellt wird, Gegenargumente zu finden, wenn ich das recht sehe.
Übertragen wir diese Situation einmal hypothetisch auf die Astronomie: würden wir ähnliche Ressourcen in die Erforschung extraterrestrischen Lebens pumpen und zugleich die Prämisse setzen, dass es nur in Richtung auf eine positive Beweislage eingesetzt werden dürfte – was käme dabei wohl heraus?
Nein, natürlich kein echter ET. Den kann auch noch so viel irdisches Geld nicht produzieren. Aber ein hysterisches Modell der ET-Mania dürften wir uns davon schon erwarten. Vor allem wenn man als zusätzlichen Steuerungsmechanismus in Anschlag bringt, dass die Gefahr bestünde, die Budgetflüsse könnten austrocknen, wenn nichts Herzeigbares fabriziert würde.
Beides ist für mich sehr vergleichbar: es kostet nämlich rein gar nichts, auf der Basis des bisherigen Status Quo der Wissenschaft davon auszugehen, dass es da draußen irgendwo intelligentes Leben geben könnte, und dass wir mit dem Gebrauch, den wir derzeit von unserem Planeten machen, auf ein Problem zu steuern.
Beides können wir aber nur unter einschränkenden Bedingungen angeben: wir wissen nicht, wann oder ob überhaupt wir Kontakt zu den ETs kriegen, und natürlich auch nicht, ob die Entwicklung dieses Planeten und der Menschheit in den nächsten doch recht vielen Jahren so weiter geht wie wir das für die letzten Zeiträume annehmen oder ob wir eine Kurve kratzen ähnlich der, die uns entgegen der potentiellen Drohung des Club of Rome aus den 1970er Jahren vor dem Verhungern bewahrt hat. Vielleicht murkst sich auch ein Teil der Menschheit in einem großflächigen Konflikt ab und das Problem lässt dadurch nach.
Ich denke, diese Klimahysterie ist nicht notwendig, auch wird in meinen Augen eine Unsumme Geldes hinausgeworfen, das man sicher produktiver einsetzen könnte – und dabei ziele ich nicht nur auf den leicht zu kritisierenden Konferenztourismus ab sondern auch auf die Auswüchse von Forschungs- und Koordinationseinrichtungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Forschungen nutzbringende Ergebnisse zeitigen werden, halte ich auch für eher im Bereich von 66 oder 67 Prozent angesiedelt. Weil sie nämlich falsch motiviert sind.
Ich gebe in diesem Zusammenhang nur ungern zu, dass ich Radfahrer bin, öffentliche Verkehrsmittel nutze und gerne auch regional einkaufe – es könnte mir von den Aposteln und Kirchenvätern des Klimawahns als Glaubensbekenntnis ausgelegt werden.
Das ist es aber nicht: ich fahre Rad, weil mich ich gerne körperlich betätige, und ich fahre öffentlich, weil ich erstens keinen Führerschein habe und zweitens den fortwährenden Stau auf den städtischen Straßen ärger finde als den Mief in der U-Bahn. Ich kenne gern die Produzenten von Waren, die ich dann essen soll, aber es ist bei mir nicht bis zur Religion gediehen.
Aber: solange derart viele Herrschaften bei ihrem pseudoreligiösen Treiben eine solch katastrophale Klimabilanz produzieren, sehe ich mich ganz und gar nicht motiviert, auf Flugreisen, Steaks oder Ausfahrten zu meinem Weinbauern zu verzichten.
Ich möchte sogar noch weiter gehen: wenn man mir außerhalb der Saison Spargel und Erdbeeren aus Peru einfliegt, halte ich das aus zwei Gründen für besser, als wenn man unseren Umweltminister zur Konferenz nach Rio fliegt – inklusive Delegation, versteht sich: Erdbeeren und Spargel schmecken mir auch im Winter, und der Produzent in Peru hat etwas verkauft, dass er sonst vermutlich nicht verkauft hätte. Es ist zweifellos besser, als wenn er Kokain zur Geschäftsgrundlage hat. Beim besten Willen kann ich keine vergleichbaren Benefits dabei finden, dass Leute zu Konferenzen fliegen, bei denen von vornherein feststeht, dass nichts herauskommt.
Ich komme in beiden Fällen für die attribuierbaren Kosten auf: einmal als Konsument, das andere Mal als Steuerzahler. Die nicht attibuierbaren Kosten – jene der Klimafolgen – würde ich in beiden Fällen für gleich hoch einschätzen, schließlich ist es ziemlich egal, ob der Flieger mit Spargeln oder Ministern übern großen Teich fliegt. Das Gemüse fliegt aber nur one-way und hat obendrein am Ankunftsort zumindest kulinarischen Wert.
Ein Gedanke zu “Von Spargeln und Ministern”