Das Frivole und der Ernst der Liebe

Manchen Zeitgenossen war der Stoff zu frivol: allein der Gedanke, eine Königin suche sich ihre Liebhaber nach Gutdünken aus, ein Hof, an dem es zuging wie weiland in Ithaka – das mochte dem Herrscherhaus nahestehenden Londoner Kreisen zu Zeiten des Impressario Georg Friedrich Händel nicht ganz geheuer scheinen.

Für uns ist das – wie es auch Inszenierung und Bühnenbild (Pierre Audi und Patrick Kinmonth) in der Neuproduktion im Theater an der Wien verdeutlichen – eine ganz normale Angelegenheit. Verquer ist daran nur das dauernde Gerede von Liebe, Schwüren und Betrug. Daran kann man gut ermessen, wie sich die Vorzeichen im Laufe der Jahrhunderte geändert haben!

Händels Partenope sitzt inmitten ihrer Freier und läßt sich gerne hofieren, doch ist sie sogleich entrüstet, wenn sie erfährt, dass ihr aktueller Lieblingsgalan einer andere ewige Liebe und Treue versprochen und sie dann sitzen gelassen habe. Das mag auf der einen Seite verständlich erscheinen – auf der anderen Seite: wo sollten denn die Männer herkommen, eine Königin zu umschwirren, wenn sie gleich bei der ersten besten andern dauerhaft müßten picken bleiben?

Die wahrhaft großartige Christine Schäfer stand dem Tumulte inmitten, souverän nicht nur qua gekröntem Haupt sondern vor allem stimmlich: brilliant in dem nicht eben einfachen musikalischen Kosmos Händels. Drama, Verspieltheit, Schnippischkeit – alles an seinem Platz. Und sie spielte die anderen Darsteller teilweise glatt von der Bühne – was aber bei einer solchen Oper wenig ausmacht, weil die sowieso nacheinander drankommen.

Kurt Streit , den ich schon in Haydns Orlando paladino in der letzten Saison gewaltig fand, weil kraftvoll, spielte auch hier mit Vehemenz und leicht ironischer Dramatik, und verkörperte einen Tatmenschen mit klarem Tenor.

Die Hosenrolle der Rosmira/Eurimene sang die Mezoosopranistin Patricia Bardon im ersten Akt recht verhalten, dann aber mit Verve und bravourös. Neben ihr musste Armindo Matthias Rexroth – auch aufgrund der Rolle, die ihm im Libretto zugedacht ist – etwas blasser aussehen.

Weniger zu melden hatte auch Ormonte, der von Florian Boesch präsent und stimmfest da verkörpert wurde, wohin die Geschichte ihn stellte.

Die ersten Takte von David Daniels wollten mir wenig Gutes verheissen, denn der bärtige, stämmige Mann mit Stimmlage Altus – das wollte zunächst überhaupt nicht passen. Wo ich doch mit Countertenören – bei aller Liebe zur barocken Oper – so richtig überhaupt nichts anfangen kann! Doch es fügte sich überraschend harmonisch ins Gesamt.

Händels Opern pflegen einem für gewöhnlich recht lang vorzukommen – bei dieser Partenope mit Christophe Rousset am Pult von Les Talens Lyriques lief aber alles – wie schon beim Ariodatene heuer zum Saisonauftakt – in präzisen Bahnen, sauber und luftig gespielt, mit Momenten intensiver musikalischer Offenbarungen.

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