Nachdem Dmitri Shostakovich seine Vierte Symphonie aufgrund heftiger Kritik in der Pravda zurückziehen musste, machte er sich im April 1937 unter diesem Motto an die Arbeit an seiner Fünften: durchaus gemäßigt, dem recht undurchschaubaren Ideal sowjetischer Kunst folgend – und dabei erkennbar im Versuch, die eigene Künstlerpersönlichkeit hinter dieser Fassade am leben zu erhalten. Shostakovich war zu gut und eigenständig, um platte Sowjetkunst nach Stalins Forderungen herzustellen. Dennoch aber fehlt dieser Fünften der Biss.
Valery Gergiev hat sich mit dem Orchester des Mariinski Theaters St. Petersburg die Aufgabe gestellt, in einem zeitlich gedrängten Zyklus sämtliche Symphonien Shostakovichs aufzuführen – und macht nun damit auch in Wien Station. Hat ein solches Vorhaben schon für die Künstler geradezu Marathon-Dimensionen, so ist es dem Hörer schlichtweg unmöglich, diesen gesamten Zyklus innerhalb weniger Tage komplett zu besuchen. Das überfordert in erster Linie einmal den Kalender.
Zunächst wollte ich es bedauern, dass das Schicksal mir im Abonnement just die sowjetischen Symphonien 5 und 6 zugelost hat. Doch in Anhören bewahrheitet sich, dass der Komponist eben nicht über seinen Schatten springen und den simpel gestrickten Anforderungen des Parteidiktats genüge tun konnte: er ist hörbar der epochale Künstler geblieben, moduliert geschickt – wie es andere angepasste Komponisten seiner Zeit gar nicht erst fertig brachten – und liefert zwei Werke, die auch für sich allein stehend Bestand beanspruchen könnten.
Die Interpretation von Gergiev ist stringent, gewissermassen wie von intimer Kenntnis zwischen Russe und Russe geprägt. Die St. Petersburger musizieren die überwiegend lyrischen und grossteils unspektatkulär und damit eher piano gehaltenen Passagen wie mit verhaltenem Bedauern, was da hätte notiert sein können, wäre nicht Shostakovich künstlerisches Oper jenes stupiden Stalinismus geworden.
Links: Wikipedia-Artikel Shostakovich.