Der ORF bringt dankenswerterweise in seiner Edition Alte Musik immer wieder hervorragende Gustostückerln auf einen Tonträger-Markt, der leider mehr von Verknappung der Vielfalt und Stromlinienform der Angebote gekennhzeichnet ist, als sich die musikalische Praxis tatsächlich erweist. Es gibt in den Konzertsälen Schätze, die es niemals oder nur unter Schwierigkeiten in den Handel schaffen.
Dieses Links-Liegenlassen trifft nicht unhäufig ganze Komponisten, von denen es nur wenig Einspielungen gibt, das meiste dann noch versteckt in Kompilationen; wobei diese Situation gar nicht ihrer Bedeutung entspricht – wie bei Giovanni Girolamo Kapsberger.
Nicht nur seine Lautenmusik, die – zum Großteil verschollenen – Werke für Chitarone zeichnen ihn aus, auch seine Vokalmusik verdiente mehr Beachtung: hier legt das Ensemble vivante (aufgenommen in der Karthause Mauerbach) Kapsbergers Libro sesto di Villanelle ‚li fiori‘ vor, eine Sammlung von Vertonungen allegorischer Gedichte des Francesco Buti. Kapsberger formt daraus einfache Villanellen (was eigentlich so viel wie Bauernmädchen heißt) in balladesker, volksliedhafter Stimmführung: einfache, wunderschöne ein- und mehrstimmige Canzonetten.
Die Nummer 10 Inconstanza ist ein gelungenes Beispiel, wie textliche und musikalische Überblendung schon früh funktionierte, ohne dass daraus gleich Lautmalerei zu werden brauchte: Kapsberger schafft die Kongruenz mittels wechselnder Tempi.