Man hat schon das Streichquartett als die Königsdiziplin der Komposition bezeichnet – und das gilt ganz bestimmt für die Epochen der Klassik, Romantik und der Moderne. In der Neuen Musik scheint es jedoch nur noch ramponiert und ins beliebige umgewertet angekommen zu sein.
Im Rahmen von wien modern spielte das Arditti Quartett Werke, die überwiegend erst in diesem Jahrtausend entstanden.
Zunächst standen zwei Werke für klassische Quartettbesetzung auf dem Programm:
Das brandaktuelle Quartet Movement (2009) von Georges Asperghis hinterliess in seiner Kürze wenig Eindruck – von dem sogar der Komponist sagt, dass es
nichts ausdrückt als seine Existenz. Den einfachen Umstand, dass es da ist.
Mit Dawn Flight (2009) des Franzosen Hugues Dufourt stand ein wenigstens strukturiertes und musikalisch irgendwo verortbares Stück auf dem Programm: hier geht es um die Grundformen der Musik, Anziehung, Abstossung, Durchdringung, um kleine Gesten wie Zerbrechen, Zerschneider, Zerreissen oder Zerteilen. Zumindest entstand daraus ein spannendes Stück moderner Musik.
Als beinah schon Antiquität folgte Iannis Xenakis‚ Streichtrio Ikhoor – immerhin 1978 geschrieben -, eine recht gescheite Fantasie über das Zusammenspiel an sich, wie es manchmal gelingt, meistens aber nur in kurzen Momenten aus den divergierenden Stimmen heraus tritt.
Der Österreicher Bernhard Gander ist einer jener Komponisten der ganz jungen Generation, die immer für eine Überraschung gut sind, vor allem für saftige Herangehensweisen ohne Berührungsängste mit populären Musikformen. Sein Klavierquartett Schöne Worte stammt aus 2007 und geht recht locker um mit der schwergewichtigen Tradition des Modernseins – sicher das Stück an diesem Abend, das den lebendigsten Eindruck hinterliess. Seinetwegen und für Xenakis‘ Ikhoor ist es gut, dabei gewesen zu sein. Klavier wurde von der Taiwanesin Hsin-Huei Huang gespielt, der das Stück auch gewidmet ist.
Sparen hingegen hätte ich mir die monotone Geräuschkulisse des Stücks Lenger von Ole-Henrik Moe für Streichquartett und Violine können, welch letztere der Komponist höchstselbst bediente. Dazu ist wenig zu sagen, ausser dass man für sowas gewöhnlich Computer nimmt und es nicht analogen Instrumenten und richtigen Menschen abquält.
Im Grunde aber muss für die Neue Musik dasselbe gelten, was für die Moderne Kunst gilt: wenn da irgendeiner sagt, es ist Musik – oder Kunst – , dann wird man das zu akzeptieren haben. Es gibt keine Maßstäbe. An denen ist schon Adorno in seiner Philosophie der Neuen Musik gescheitert – er hat weiland einen Ausweg im Moloch Kulturindustrie und der Abgrenzung davon gesucht. Ein nicht minder verzweifeltes wie unzulängliches Konzept der Verortung von Kunst.
Machte man hingegen gewisse handwerkliche Fähigkeiten zum Kriterium, so definierte man alleine Handwerk. Soll also Kunst sein, was da immer von wem auch immer zur Kunst erhoben wird. Das mag eine ignorante Position sein – sie hat aber immerhin den Vorteil, dass man sich damit eine Menge Streit erspart. Und sich umgekehrt auch selber aussuchen kann, was man zu Ehren erheben möchte.