Vom Altwerden des Lesers

Ich habe bislang um Lew Tolstoi einen eher weiten Bogen gemacht – was man so aus dem Fernsehen kennt, schien mir auf einen rechten Langeweiler hin zu deuten. Aber das sollte sich als ganz und gar unzutreffend herausstellen. Und ich muss gestehen, ich war dann echt überrascht, als mich Krieg und Frieden ernsthaft zu fesseln begann und sich die über 1.500 Seiten als geradezu atemloses Lektüreerlebnis entpuppten.

Dazu trägt sicher die mustergültige, wenn auch nicht eben neue Übersetzung von Werner Bergengruen bei. Die Sprache ist nicht altertümelnd, sie ist arm an Russizismen – und die unzähligen französischen Passagen stehen im Original da und wurden passend gleich auf derselben Seite in Fussnoten übersetzt, was das Verständnis doch erheblich erleichtert.

Öde ist Tolstoi nirgends, etwas langatmig vielleicht, wo er seine Hauptperson Besuchow sich in religiöser Sinnsuche ergehen läßt. Das kann nichts werden und geht auch nur bedingt auf. Schlapp ist eventuell das mustergültige Happy End. Da wähnt man sich dann wieder in der altbekannten Schmonzette.

Andererseits: kann sein, ich werd‘ einfach alt…

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