Was liegt näher, als – jenseits einer revisionistischen Aufrechnung der Opferzahlen gegeneinander – die großen Verbrecher des Zwanzigsten Jahrhunderts in einer gemeinsamen historischen Betrachtung in Beziehung zu stellen?
Dieses heikle Unterfangen wurde schon mehrfach versucht. Dem aktuellen Ansatz, den Robert Gellately in Lenin, Stalin und Hitler: Drei Diktatoren, die Europa in den Abgrund führten verfolgt, kann man immerhin zwei wesentliche Aspakte abgewinnen:
- Er beginnt die Reihe der Massenmörder schon bei Lenin – und weist detailliert nach, wie wenig ihn von seinem Nachfolger Stalin unterschied. Das sagte schon Maxim Gorki, der sich zunächst ins Ausland verdrückte, dann aber, dem Regime zur moralischen Stütze, wieder ins Reich Lenins zurückkehrte, schon 1917 voraus: Ströme von Blut.
- Wüteten die russischen Diktatoren im eigenen Volk, ja in Stalins paranoider Phase gar in der eigenen Klasse, so liegt Hitlers Wahn etwas anders gelagert, greift aber wie ein geöltes Zahnrad ins Diktatorengetriebe, wenn die vermeintlich erfolgreiche Sowjetunion Deutschland zur Bedrohung erwächst. Das ist späterhin sehr schlecht wahrnehmbar gewesen, als man sich in das eigene Über- und russische Untermenschentum hineingesteigert hatte, dürfte aber in der Tat konstitutiv für Hitlers Eile gewesen sein, die Entscheidung im Osten zu suchen: Angst vor einem machtvollen neuen Gegner.
Über weite Strecken bringt Gellately Bekanntes, und nur manchmal in neuen Blickwinkeln oder Zusammenhängen. Sein vorrangiges Verdienst ist es aber, eine Kontinuitätslinie der Befindlichkeiten abseits der drei Biografien gezeichnet zu haben.