Wien Modern 2007 / 6 Konzerthaus
Großes Konzert mit vollständigem symphonischen Personal, da ist man eigentlich gespannt, welche Werke der Neuen Musik den mächtigen Klangkörper auch tatsächlich einzusetzen wissen. Das Programm verspricht – warum wohl? – einen Rückgriff bis auf Skrjabin. Die Wiener Symphoniker spielten unter der Leitung von Peter Ruzicka.
Der Start mit Luciano Berio lief außerordentlich glatt: Bewegung nutzt in erster Linie die breitgefächterte räumliche Ausdehnung eines groß besetzten Orchesters; durch Wiederholung und Rotation entsteht langsam Unruhe im Stück, ein Eindruck von Bewegung, der sich dann bisweilen recht platt im Wandern des Klangs im Saale äußert.
Helmut Lachenmann dagegen schrieb mit Tableau ein einerseits recht amorphes, wenigdimensionales Stück, analytisch gefaßt – wir blicken oder hören in die Kontruktion der Klänge hinein.
Dirigent Peter Ruzicka selbst trug sein Vorecho (Acht Ansätze für großes Orchester) bei, ein nicht ganz so neues Stück (aus 2006) in Österreichischer Erstaufführung, thematisch hinführend auf seine Oper Hölderlin, organisiert in acht unterschiedlich langen Miniaturen. Vor allem geblieben ist der Eindruck orchestralen Rauschens.
Nach der Pause dann ein weiteres Werk von Georg Friedrich Haas: Opus 68, eine Orchestsrierung der 9. Klaviersonate von Alexander Skrjabin – wenig bedeutsam, wenn auch brav beklatscht, führt es in die Klangwelt des Russen ein, mit dessen Poème de l’Extase (als 4. Symphonie angekündigt) die Symphioniker den Hauptteil des Abends bestritten. Schon damals also (1905-1907) traten die inneren Vorgänge und Kontruktionsprinzipien der symphonischen Sprache vor den musikalischen Inhalt. Im Gegensatz zu Beethoven, dem noch explizit an der Durchführung, Auflösung und Transposition des thematischen Materials gelegen war, baut Skrjabin eher in der Manier von Tschaikowski an Reihen seiner Themata.
Klangmalerisch gelingt es Skrjabin wohl, die planvolle Stiegerung in die Extase – nicht umsonst wollte er das Werk ursprünglich Poéme orgiaque nennen… Am Ende eines fortwährenden Crescendo wird alles, Thematik, Umwelt, Hörer, in den orgiastischen Strudel mit hinein gerissen – um am Ende erschöpft wieder ausgespuckt zu werden.
Ob es auch im Rahmen von Wien Modern noch immer unbedingt nötig ist, eher als sperrig empfundene moderne Literatur mit Stücken vom Anfang des zwanzigstens Jahrhunderts zu koppeln, weil das bei großen Publikum die Akzeptanz der Programme erhöhe, mag dahingestellt bleiben. Ein Ziel des Festivals ist es ja wohl, eben das auszutreiben und der Musikliteratur des 20. und 21. Jahrhunderts einen aus sich selbst berechtigten Platz einzuräumen. Da hinten bei Skrjabin ist es irgendwie halt doch wärmer und heimeliger.
Ein Gedanke zu “Zurück zu Skrjabin”