Man ist ja allerhand Verstaubtes gewohnt von der Staatsoper – das Haus zeichnet sich in erster Linie durch seine große Tradition als Abspielstätte hoffnungslos vergammelter alter Inszenierungen aus. Doch falls es dazwischen mal was Neues gibt, ist das allemal einen näheren Blick wert – so war es zumindest bisher, denn sogar unter der Direktion Holender gab es dann und wann Bemerkenswertes zu entdecken, schließlich war ja auch Kupfers Elektra irgendwann mal brandneu…
Umso freudiger war daher die Erwartung angesichts der neuen Direktion auch neue Inszenierungen zu sehen. Nach der überaus gelungenen Barockpremiere von Händels Alcina Mitte November steht nun endlich der erste Abend der geplanten Serie von Da Ponte-Opern auf dem Programm: eröffnet wird der Reigen mit dem Don Giovanni von Wolfgang Amadé Mozart in einer Inszenierung von Jean-Louis Matinoty.
Was soll man sagen? Eine größere Pleite ist mir schon lange nicht mehr untergekommen!
Die Inszenierung ist ideenlos und so langweilig und bewegungslos, dass man sich streckenweise in einer konzertanten Aufführung wähnt. Dass ab und an eine Horde von Dienern kreuz und quer über die Bühne wuseln, ergibt denn doch kein schlüssiges Konzept. Was aber die Regie armselig ist, präsentiert sich die Ausstattung – Bühne Hans Schavernoch, Kostüme Yan Tax – desto üppiger. Eine umgekehrte Budgetverteilung hätte sich da vielleicht hilfreich erwiesen – oder zumindest das Desaster weniger kostspielig gemacht.
Dass eine Regie nicht gefällt, ist Alltag in der Oper, das müsste einem noch lange nicht den Abend vermiesen. In der Staatsoper kommt bei diesem Don Giovanni aber noch dazu, dass es offenbar im Ensemble keine talentierten Mozartsänger und -sängerinnen gibt: weder Roxana Constantinescu als Donna Elvira noch Adam Plachetke als Masetto oder Sylvia Schwartz als Zerlina wissen zu überzeugen. Aber das qualitative Gefälle Wiens zu Prag hat ja schon seinerzeit der Meister selbst anlässlich der Übernahme der Aufführung konstatiert…
Leider hat man auch beim Einkauf ensemblefremder Stars kein besonders gutes Händchen bewiesen: Tenor Ildebrando D’Arcangelo ist der Partie des Titelhelden hörbar nicht gewachsen. Schwach besetzt auch der Leporello mit seinem Landsmann Alex Esposito. Sally Matthews gibt eine eher stimmschwache Donna Ana.
Bei so viel Schwäche im Ensemble stellt sich natürlich die Frage, ob das nicht weniger den einzelnen, durchaus guten Sängerinnen und Sängern anzulasten ist, sondern eine globale Fehleinstellung der musikalischen Leitung dahinter steckt – in der Tat produziert das Dirigat des neuen Generalmusikdirektors Franz Welser-Möst alles andere als einen Mozart. Und das ist in einer Stadt wie Wien mit einem Orchester wie dem der Staatsoper eigentlich unmöglich. Aber: dieser GMD hat es dennoch zuwege gebracht.
Übles erahnen lässt die Tatsache, dass das Leading Team Mortinoty und Welser-Möst auch für die anderen Da Ponte-Opern verantwortlich zeichnen wird. Das klingt eigentlich wie eine gefährliche Drohung.