Wien Modern 2007 / 4 (Musikverein)
Es gibt (sozusagen) analoge Instrumente, die auf fließenden Skalen und übergangslos in der Lage sind, Töne, Zwischentöne und selbst kleinste Mikrointervalle zu reproduzieren; und es gibt – nach der Terminologie von wert- und zeit-diskreten Signalen – digitale Instrumente in dem Sinn, dass sie in festgelegten Abständen Töne zu produzieren vermögen, aber eben nicht beliebig dazwischen. Das spielt seit Jahrhunderten in der Musik kaum eine bis gar keine Rolle, man merkt diese Diskrepanz etwa Klavierkonzerten von Mozart über Brahms bis Schönberg und Bartók keineswegs an, und auch die Neue Musik muss nicht zwangsläufig an diese Grenze stoßen; wohl aber der mikrotonalen Musik, die von jenen analogen Zwischenräumen lebt.
Denn auch wenn man ein Klavier in einer anderen als der gewohnten Stimmung einrichtet, bleiben die Intervalle zwischen den Tönen, repräsentiert durch die Tasten, Schritte ohne Zwischenraum. Interessant ist also, was passiert, wenn ein Komponist der Mikrointervalle sich des Klaviers als Soloinstrument eines Orchesterkonzerts annimmt.
Am zweiten Abend des RSO-Zyklus im Rahmen von Wien Modern dirigierte Martyn Brabbins das Klavierkonzert von Georg Friedrich Haas in Uraufführung.
Was zunächst wie ein Musizieren nebeneinander her beginnt, oder eher wie ein gelegentlicher, nicht sehr geistreicher Einwurf des Soloinstruments in den Klangteppich des Orchesters, entwickelt sich allmählich – ohne je die Gestalt eines Dialogs anzunehmen – zu einer Webstruktur, in der das Klavier trotz seiner unleugbaren mikrotonalen Beschränkung im Kontrast zu den Streichern und Bläsern dem Klangbogen (in langen, fließenden, winzige Schritte verfolgenden Übergängen) vielfältige Effekte hinzufügt – von Thomas Larcher engagiert gespielt.
Kein Wort zum Rest des Abends: ich kann mit dem Gezupfe von Harfen wenig anfangen, selbst wenn Luciano Berio der Autor ist…