Reprise ohne die glanzvolle Heldin

Dass die altehrwürdige Wiener Staatsoper mit der Direktion von Dominique Meyer verspätet aber schließlich doch noch in einer Gegenwart angekommen ist, in der Barockopern die Spielpläne stürmen, ist hier schon vermeldet worden – und zwar anlässlich der Alcina von Georg Friedrich Händel vor ziemlich genau einem Jahr.

Nun setzt man auf eine weitere Aufführungsserie mit nahezu identer künstlerischer Besetzung – allerdings fehlt die großartige Anja Harteros in der Titelpartie und wird von der Hausdebütantin Inga Kalna ersetzt: und das ist leider kein Vergleich! Sie trägt fürs Barocke stellenweise zu viel Vibrato auf – ein Problem, das aber viele Sängerinnen und Sänger der klassischen Opernbühne haben, wenn sie sich ins Barocke verirren. Es stört aber ganz vehement.

Kammersängerin Vesselina Kasarova ist diesmal glänzend disponiert, die Schwierigkeiten vom letzten Jahr sind gerne vergessen.

Herausragend aber naturgemäß die eigentlichen Barockspezialistinnen Veronica Cangemi – als Morgana der wahre Stern des Ensembles – und Kristina Hammarström – als Bradamante: vor allem sie vermochte ehrlich zu begeistern mit warmem Timbre, präziser Ausgestaltung und jugendlicher Frische.

Bemerkenswert wiederum die Sängerknabenpartie des Oberto, diesmal bemeistert von Alois Mühlbacher – nur leider von der Regie als einziger in ein Kasperlgewand gesteckt.

Ja, die Regie! Wie kontraproduktiv eigentlich das gewählte Setting einer Aufführung in aristokratischem Hause ist, wird klar, wenn beständiges Kommen und Gehen herrscht: das Konzept verlangt, dass die Akteure da sind, weil sie gemeinsam das Stück zur Aufführung bringen; die Sänger aber gehen verständlicherweise nach getaner Arbeit ab. Ergo stellt Regisseur Adrian Noble eine Riege ansonsten aufgabenloser Aristokraten auf die Bühne sowie ein paar beständig Sessel von hier nach da tragender Lakaien. Kein besonders schlüssiges Konzept – mehr ist dazu auch beim zweiten Ansehen nicht zu sagen, sperrt es doch eine lebendige barocke Oper in eine Art Museumsvitrine.

Wunderbar musizierten wiederum Les Musiciens du Louvre – Grenoble unter Marc Minkowski. Man muss direkt froh sein, dass die Direktion dieses Werk nicht dem ansonsten großartigen Hausorchester zugemutet hat.

So toll auch diese Alcina ist, eine Fortsetzung des barocken Repertoires scheint es zunächst nicht zu geben. Zum Glück hat sich dem das bessere Haus am Platz, das Theater an der Wien, verschrieben.

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