Das alles mag ja in den verstaubten Fünfziger Jahren innovativ oder rahmensprengend gewesen sein – doch im Rückblick aus unserer Zeit, da solche Experimente längst in allen denkbaren Kombinationen durchgemendelt und bis ins Extrem gesteigert wurden, kann man dem Komponisten immerhin zugute halten, er sei unter den Pionieren dieser Entwicklung gewesen, wenn nicht der Pionier schlechthin. Das hat etwas von zeitgeschichtlicher Dokumentation, etwas museales: Kinder, so ist das alles mal entstanden.
Musikalisch aber ist der im letzten Jahr leider verstorbene Karlheinz Stockhausen nichts Geringeres als einer der Titanen der Neuen Musik. Putzig und nostalgisch wirken die räumlichen Experimente und das Herumspielen mit Tonbändern – in erster Linie, weil wir sowas inzwischen via Internet weltweit durchgespielt haben. Aber auch dabei war Stockhausen – siehe sein Helikopter-Qartett – ein Pionier und erster Beschreiter dieser Wege.
Sitzt man aber im Großen Saal und hört den Gesang der Jünglinge (1955-1956), dann fragt man sich natürlich, wozu man für eine Tonbandzuspielung ins Konzerthaus gekommen ist. Und liest man im Festivalkatalog von wien modern den Text zum Werk, kommt einem unweigerlich ein großmütiges Lächeln aus: da begibt man sich doch tatsächlich zurück in eine Zeit, in welcher der Komponist für eine Schallplattenaufnahme noch extra eine Version für nur einen Lautsprecher herstellen musste… ein Museumsstück aus den Kindertagen der elektronischen Musik.
Fulminant aber die Klavierstücke, gleichfalls aus den frühen Fünfzigern, interpretiert von Marino Formenti: die Inszenierung der Pause als musikalisches Material ist hier früh aber meisterlich umgesetzt.
Gleichfalls mit der räumlichen Aufführung und Wahrnehmung beschäftigen sich die Gruppen von 1955-57, die von drei Orchestern – Mitgliedern des RSO Wien unter Rupert Huber, Jean Deroyer und Matthias Hermann – auf räumlich getrennten Positionen im Saal umgesetzt wurden. Das Belächelnswerte dabei ist wiederum das Spiel mit dem Wandern des Klangs – das Wunderbare ist wiederum die Musik Stockhausens: ein kräftiges, dichtes Werk, in dem die drei Orchester vielfältig als einheitlicher oder mehrfach geteilte Klangkörper eingesetzt werden. Es gibt leider viel zu selten Gelegenheit, diesen echten Klassiker aus den nicht so reichen Fünfzigern zu hören!
Und das gleich zweimal an einem Abend! Die Absicht hinter dieser ungewöhnlichen Programmierung: man könne so in der Pause den Sitzplatz wechseln und die räumlichen Unterschiede hören. Nun ja.
Dafür gab’s nach der Pause vor der Wiederholung der Gruppen noch Natürliche Dauern 1-24 für Klavier solo, bei denen ich mich aber ehrlich gesagt beinahe schon gelangweilt habe.