Das Emerson String Quartet ist eine Institution ersten Ranges in Sachen klassisch-moderner Streichquartettliteratur. Seine Einspielungen aller Quartette von Dmitri Shostakovich sind inzwischen legendär.
Daher ist es mir natürlich ein dringendes Bedürfnis gewesen, die vier Amerikaner – schon gar mit einem Quartett des Russen – im Mozartsaal des Konzerthauses zu hören.
Zunächst aber brachten sie die Zypressen von Antonín Dvorák – ein für mich eher verzichtbares Stück, mit dem Dvorák 1887 deutlich hinter einigen seiner bisherigen Streichquartette zurück geblieben ist. Vor allem ist mir unerklärlich, warum die Stücke in zwei Teilen jeweils am Beginn und nach der Pause gespielt wurden…
Das Kernstück des ersten Teils bildete aber Leos Janácek: dessen 1. Streichquartett die vier Emersonianer unlängst erst eingespielt haben. Es scheint dabei ein Wenig zu dauern, bis die vier mit dem Tschechen warm werden – der erste Satz süsselt arg, dann wird es aber.
Als Höhepunkt wartet dann im zweiten Teil das 9. Streichquartett von Dmitri Shostakovich, unbestreitbar eines der Meisterwerke dieser Gattung im Zwanzigsten Jahrhundert. Das gesamte, all’attacca zu spielende Werk steigert sich fortwährend in ein immer dichteres Geflecht von Motiven – und keines aus allen fünf Sätzen geht dabei verloren -, bis es in einem nahezu symphonischen Finale zu Ende geht.
Ein solches Ereignis ließe einen sprachlos und tief beeindruckt zurück – gäbe es da nicht noch die Unsitte der Zugabe und hätte das Emerson Quartett nicht in vollkommen überflüssiger und maximal unpassender Weise ein Adagio von Samuel Barber gewählt. Man mag von diesem ins Zwanzigste Jahrhundert verirrten Romantiker halten, was man will – als Zugabe hinter Shostakowich wirkt sein Gedusel wie ein Zuckerguss über Spareribs. Da wird einem schlecht.
Dieser Missgriff in der Zugabe soll nun die herausragende Leistung des Emerson String Quartetts nicht schmälern – gesagt werden muss es aber doch. Das ist wie honigtriefendes Baklava am Ende eines genialen Menü. Es kleistert alles zu.
Der vier Herren Begeisterung für ihren Landsmann in allen Ehren. Weniger passend ist kaum etwas.