Cerha und Bartók vor der Pause, danach die Neunte von Dvorák – ein recht langes, doch in jeder Hinsicht zufriedenstellendes Konzert des RSO Wien unter Bertrand de Billy heut abend im Großen Saal.
Ein relativ neues Werk aus der Feder von Friedrich Cerha, Momente aus 2005, eröffnete überraschend kräftig und gar nicht sperrig. Da lag schon Béla Bartók’s Konzert für Viola und Orchester eher quer zum Hörempfinden des Publikums – man wurde dabei auch merklich nervöser. Obwohl der ukrainische Meisterbratschist Yuri Bashmet zweifellos auf dem Punkt war (dass die Allemande aus der ersten Cellosuite von Bach dann als Zugabe prächtig ankam, beleuchtet umso mehr die Qualität des Publikums denn der Musiker).
Aber die Leute sind wohl ohnedies wegen Dvoráks Symphonie Aus der neuen Welt gekommen, was leider auch im Publikum vernehmlich war. Ein schönes Stück Musik am Übergang von der ausgeleierten Romantik in die Moderne, die gerade in ihrer Verwendung der Synkopik (und nicht nur des vom Komponisten gesammelten Liedmaterials der Plantagenarbeiter und Indianer) aus ihrer Zeit heraus ragt. Dvoráks amerikanische Musik (auch im Streichquartett op.96) klingt an ihren mitreissenden Stellen wie eine frühe Verknüpfung von Gershwins Rhythmik mit der souveränen handwerklichen Meisterschaft eines Schönberg, ohne auch nur im Grunde modern zu sein. Sie nimmt weniger die Dinge vorweg als sie ihre Möglichkeiten andeutet.
Bei de Billy klang das ganze aber deutlich moderner als in meiner uralten Einspielung mit den Wiener Philharmonikern unter Karajan (1985) – analytischer, was keineswegs von Schaden ist.