Zum Glück mußten wir dazu nicht wirklich in die Hungerjahre nach dem ersten Weltkrieg zurück – ansonsten wär das ein eher spartanisches Motto. Allein, das Wirtshaus nennt sich so: der Scheugl in Etsdorf (die Homepage ist so furchtbar, dass ich sie gar nicht erst verlinken will). Richtig: das klingt nach Weingärten, Kellergassen, sonnigen und schattigen Flecken Gemütlichkeit unter ausladenden alten Bäumen – ein Wirtshaus im Kamptal. Und „Weinfrühling“ war ja ausserdem!
Der Scheugl, also der Mann in Haus, kocht mir seit Jahren bekannt in höheren Sphären – und da ist es mir ziemlich egal, ob die Häubchenverteiler und ihre Adepten das genauso sehen: im Gegensatz zu den meisten ausgezeichneten Lokalen findet man hier noch die eher rar gewordene „artgerechte Gästehaltung„.
Wir hatten also Freilauf, nicht bloß, um uns am Büffet des „Bauernbrunch“ genannten Events gütlich zu tun, sondern auch, weil das Wetter trotz Ende April es gestattete, im Garten zu ’suppieren‘. Und Süppchen, erstens vom Bärlauch, cremig, dunkelgrün, und zweitens kräftig vom Rind, dafür mit Kräuterfritatten – ein wahrlich guter Einstand um 11 am Vormittag, frisch angereist aus Wien und noch unbefrühstückt!
Herrliche Salate, des Herrn Scheugl wahrhafte und im Verborgenen blühende Spezialität: was es da jedesmal an Kräutern und Blüten zu finden und kosten gibt, ist immer wieder eine Erweiterung des kulinarischen Horizonts: saisonal bedingt gab’s neben Bärlauch (schon) Blüten von Kresse und Löwenzahn – letztere siehe auch bei der Nachspeis‘. Das rührt wohl auch daher, dass Herr Scheugl sich mit der Arche Noah ins Boot gesetzt hat, einem Verein, der sich die Pflege und Wiederansiedelung ehemals heimischer Nutzpflanzen zur Aufgabe gemacht hat – wir beziehen für unsere Terrasse die Moschus- und Mieze Schindler-Erdbeer-Pflänzlinge von dort, sowie seltene Paradeis-Sorten und Kräuter.
Nicht gar so schlecht hat sich dazu das Bärlauch-Sülzchen gemacht, mit einem wahrhaft feinen Bärlauch-Pesto! Es ist halt doch Frühjahr! Und so lang gibt’s ihn ja nicht, den ‚wilden Knoblauch’… Danach gab’s dem Motto entsprechend Deftiges, vom ganzen Spanferkel mit Waldviertler Knöderln bis zum Zwettler Dunkelbier-Lammbraten – und der hat bleibenden Eindruck hinterlassen.
Aber die Nachspeis‘: neben anderen Süßigkeiten hervorstechend ein Topfenstrudel mit Löwenzahnblüten.
Nicht unerwähnt bleiben sollte Frau Scheugl, die erstens souverän den Service dirigiert und zweitens für Gaben aus dem Keller sorgt.
Wenn ich schon die Homepage vorenthalte, dann zumindest die Adresse:
Landgasthaus „anno 1920“
Scheugl & Scheugl
Untere Marktstrasse 1
3492 Etsdorf / Grafenegg
Tel. 02735/3003
Danach wollten wir eigentlich einen kleinen Zieher durch die Kellergasse machen oder dem Zöbinger Heiligenstein – vzu recht vergleichbarem Behuf – einen Besuch abstatten – aber es kam uns der Herr Mauss in die Quere, der beim Scheugl eine kleine freundschaftliche Weinkost bereitstellte – und ihn haben wir im 300 Meter entfernten eigenen Keller besucht…
[Nachtrag am 30.4.2007: siehe Kost-Notiz Expansionsdrang in Sachen Qualität]