Da ist er ja wieder – wenn auch diesmal nur in Österreich – Dennis Meadows, Autor des berühmt berüchtigten Berichts The Limits to Growth an den Club of Rome in den Siebziger Jahren, inklusive 30-jahr-Update 2004: der Standard brachte am Donnerstag ein Interview mit ihm, weil er zur Zeit als Berater des Umweltministers in Wien weilt.
Dabei ist primär erstaunlich, mit welcher Hartnäckigkeit da eine Behauptung verfolgt wird, deren konkretere Implikationen sich als vollkommen falsch herausgestellt haben. Abgeleitet wird diese Sturheit offenbar von den beiden fundamentalen Überzeugungen, dass einerseits Wachstum nicht ewig weitergehen könne und andererseits Ressourcen auch irgendwann einmal zu Ende gehen müssen. Dem ist auf ebenso fundamentaler Ebene gar nicht zu widersprechen.
Zum einen ist das – wie grundsätzlich richtig die Basis des Gedankens auch sein mag – damit noch lange nicht in der Zeit festgemacht: jede Prognose, die sich einen konkreten oder auch nur halbwegs fixierbaren Termin zu nennen traute, erwies sich als falsch. Der große Rechenfehler, der in allen konkreten Anwendungen dieser Ideologie steckt, steckt in der Faktorisierung der Innovationskraft der Menschheit – und auch das Trägheitsgesetz der Ökonomie wird nicht berücksichtigt: Perspektiven verändern sich mit den Preisen.
Verschwendung, wie wir sie zweifellos betreiben – das soll auch gar nicht geleugnet werden -, hat den einen entscheidenden Vorteil, dass sie reduzierbar ist. Es liegt viel Potential in sparsamerem Umgang mit den Ressourcen – insoweit ist Meadows und Konsorten gar nicht zu widersprechen. Was ihresgleichen aber verrückt zu machen scheint, ist eben die Trägheit der ökonomischen Verhältnisse: es muss erst weh tun in der Geldbörse, bevor sparen sich durchsetzt.
Umgekehrt birgt diese Trägheit auch das enorme Potential zur Überwindung von Engpässen: es macht ökonomisch erst Sinn, Alternativen zu entwickeln, wenn es eng wird und damit die Profitchancen neuer Entwicklungen sich entsprechend verlockend darstellen. Dieses Potential etwa bei der Nahrungsmittelproduktion nicht eingerechnet zu haben, ist einer der Kardinalfehler der Studie aus den Siebzigern. Die Landwirtschaft kann heute die Menschheit ernähren, obwohl sie inzwischen auf sieben Milliarden angewachsen ist – was man damals als schier unmöglich eingeschätzt hat. Dass trotzdem zu viele verhungern oder an Unterernährung leiden müssen, hat mit der Produktion wenig, mit Politik aber viel zu tun.
Und – das an die Adresse der Globalisierungskritiker gerichtet – es ist nicht die internationale, sondern immer die lokale Politik, welche die Verantwortung für diese Situation trägt; es ist nicht die Weltwirtschaft sondern die rückständige regionale Wirtschaft, die das Problem nicht löst.
Im Grunde ist es der seit Urzeiten bestehende Unterschied zwischen Pessimismus und Optimismus, der einen auch heutzutage bei der Wahl der Haltung leitet: die einen sehen hinter jeder Wegkrümmung das Unheil lauern, sehen sich auf einem Pfad in den Untergang, und kleiden ihre Urangst in ökonomische Metaphern, weil weder der klassische Weltuntergang noch das Jüngst Gericht kommen wollen; die anderen kümmern sich wenig um die Probleme unterwegs, da sie felsenfest darauf vertrauen, dass es irgendwie immer weitergehen wird.
Ich gehöre eindeutig zur zweiten Gruppe – mein Optimismus über den Fortbestand der Menschheit ist in einem Punkt unerschütterlich: die Menschheit sind auch nichts anderes als eine Bakterienart, die ihre Umwelt vergewaltigt, um am Ende an Nahrungsmangel einzugehen oder am eigenen Dreck zu ersticken. Aber wir sind damit schon ziemlich weit gekommen, und ein Ende ist keineswegs absehbar.
Es ist ziemlich wurscht: andere Bakterienarten werden uns überleben. Es ist ziemlich egal, ob es uns in tausend Jahren noch gibt – mir jedenfalls. Und falls doch, werden jene Generationen mit ihrer Situation zu Rande kommen müssen, wie wir mit der unseren, die wir – wenn man partout so denken möchte – von unseren Altvordern geerbt haben.
Zum Schluss des Interviews bedauert Meadows, dass uns die wirtschaftliche Krise offenbar auf die Klimakatastrophe vergessen habe lassen. Für meinereinen ist das eine Erleichterung, ich konnte mit dem Gejeier nie viel anfangen. Aber dem Typus des religiösen Eiferers, wie sie sich heutzutage in sekulären Belangen engagieren, geht das natürlich gegen den Strich. Leute, die Prognosen über einen Zeitraum von zwanzig oder gar dreißig Jahren wagen, sollte man schlicht und ergreifend ignorieren. Wir laufen ja auch nicht mehr in Sack und Asche durch die Straßen und geißeln uns blutig, weil der Jüngste Tag naht.
Wir werden die Probleme dann lösen, wenn sie da sind. Sich davor zu fürchten, ist in erster Linie ein Mangel an Phantasie.