Dem Ritter John Falstaff eilt der Ruf voraus, ein begnadeter Fressack und Quartalsäufer zu sein, aber sich selber für einen unwiderstehlichen Charmeur zu halten. Insoferne also eine Rolle, die endlich einmal den zahllosen übermäßig beleibten Baritonen dieser Welt auf den Leib geschrieben wurde.
Der amerikaner Alan Titus ist passend statttlich gebaut, bei entsprechend tiefer, voller Stimme – und auch schauspielerisch hinreichend komödiantisch veranlagt. Sang in der ursprünglichen Besetzung der Wiener Staatsoper Bryn Terfel den Ritter, dem von seinen – vor allem weiblichen – Widersachern übel mitgespielt wird, so ist die Repertoire-Besetzung nicht ganz so glanzvoll, aber musikalisch auf der Höhe.
Neben Titus bot vor allem eine wundervoll spritzige, geradezu spitzbübische Ildiko Raimondi die erste der von Falstaff zur Verführung ausersehenen Bürgersdamen Alice Ford – wirklich hinreissend! Neben ihr gaben allerdings auch Sophie Marilley als Meg Page und die junge, hübsche, bestens disponierte Teodora Gheorghiu als Nennetta eine großartige Vorstellung.
Das Damentrio, teils verstärkt durch Elisabeth Kulman als Ms. Quickly, die nun wirklich sowohl komisch gespielt als auch pfiffig gesungen war, belebte Verdis Spätwerk mit buntem Flirren, heiterem Gezwitscher und schadenfrohen Trillern.
Die Männerriege war von Seiten der Regie eher am Rande des belanglosen Klamauks angesiedelt, der Fenton von Gergely Németi ließ bis in die Mitte des letzten Aktes auf eine bemerkenswerte Einlage warten – meisterte sein Liebesliedchen Dal labbro il canto dann aber mit viel Hingabe, Präsenz in den leisten Tönen und dem großen, nicht einmal fehl am Platz befindlichen Schmelz.
Für eine Staatsopernproduktion lieferte Marto Arturo Marelli – verantwortlich für Inszenierung, Bühne und Ausstattung – eine geradezu stupend kurzweilige, wenn schon nicht moderne, so doch zeitgemäß unstaubige Veranstaltung ab. Die sehr vordergründig angelegte Komik wurde aber vom vollen Einsatz der Protagonisten quasi im parforce-Schritt in einen sptizigen Reigen verwandelt.
Das ist sicher auch Dirigent Marco Armiliato zu danken, den ich vor kurzem erst in der MET die Lucia di Lammermoor leiten zu sehen und hören das Vergnügen hatte.
Lediglich das verstolperte Ende der Inszenierung, so ab der Mitte des letzten Aktes, wenn die Bürger im finsteren Park den Ritter Falstaff traktieren, tat etwas weh. Da verliert sich der Schwung, der Schmäh trocknet aus, die vielen kleinen Gags sind mit einem Schlag verflogen.
Aber sonst: ein selten spassiger, musikalische belohnender Abend. Stellenweise dick aufgetrgen, aber nicht allzu dick.