Theseus in Liebe

Selbstredend geht es in einer barocken Oper um nichts, wenn nicht um die Verstrickungen der Liebe. Sogar bei Helden, die für ganz andere Dinge bekannt wurden. Nur der Theseus ist eine Figur, bei der man die notorischen Wallungen der Librettisten schon in der Vorlage aufspüren kann: es ist jener Argonaut, der mit Hilfe der in ihn verliebten Königstochter Medea das Goldene Vlies raubt, sie später aber wegen einer anderen verstößt – was zu den bekannten Racheakten der Verstoßenen führt. Insofern wird hier nicht herumgefärbelt.

Andererseits ist es völlig einerlei, worum es geht, wenn Georg Friedrich Händel die Noten setzt! Der Teseo von 1713 zieht von Anfang an in seinen Bann, schon gar, wenn René Jacobs für die musikalische Präzision verantwortlich zeichnet. Die Akademie für Alte Musik Berlin versteht sich auf den originalen Klang, und auch der Arnold Schönberg Chor unter der Leitung von Erwin Ortner ist im Barocken bekannt und bewährt gut fundiert.

Counter Christophe Dumaux singt den König Egeo, stimmlich kraftvoll, dann und wann gekonnt lyrisch. Ihm gegenüber tritt Alto Lena Belkina als Teseo etwas zurückhaltender auf, ganz und gar nicht der strahlende Held, vielleicht etwas zu dunkel besetzt für die Rolle.

Star des Abends ist aber auf jeden Fall die französische Sopranistin Gaelle Arquez als hoffende, verzweifelnde und rachedürstende Medea, die alle diese Gefühlsregister gekonnt bedient. Neben ihr hat Mari Eriksmoen als Prinzessin Agilea harten Stand, weiß sich aber gesanglich ebenbürtig zu behaupten. Um sie allein tobt der Kampf von Egeo und Teseo, die beide nicht wissen, dass der eine Vater des andern ist. Womit sich am Ende alles ins gute Ende zu lösen vermag.

Das Regieduo Moshe Leiser und Patrice Caurier hebt die Handlung behutsam in eine nicht näher definierte Gegenwart des letzten Jahrhunderts, funkt aber damit niemals den Agierenden ins Konzept. Ferner bringen Bühne – von Christian Fenouillat – und Ausstattung – von Agostino Cavalca – das rare Kunststück zustande, dem nicht im Wege zu stehen. Dafür muss man heutzutage schon dankbar sein.

Insgesamt also ein gelungener, beglückender Abend.

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