Gott begnadet für das meine

„Graaaaaaz!“

So spricht die Puppe ins Rund des Schauspielhauses und hat damit recht. Wir befinden uns in der steiermärkischen Landeshauptstadt.

„Warum ausgerechnet Graz?“

Nun: Karl Böhm ist ein Kind dieser Stadt.

Der war schon früh ein Talent und wurde später im Leben ein Gottbegnadeter. Er war damit einer von 1.041, denen die kämpfende Teilnahme an der Endrunde des Zweiten Weltkriegs erspart geblieben ist, weil sie unersetzlich für die deutsche Kultur waren.

Die Ironie des Schicksals wollte es aber, dass er es nicht auf die Sonderliste der Unersetzlichen Künstler geschafft hat, sondern nur auf des Führers erweiterte Liste der 15 Dirigenten. Das trennte Böhm von Richard Strauss und Wilhelm Furtwängler.

Gleich 1933 beerbt Böhm den eher widerständigen Fritz Busch in Dresden. Nach dem Anschluss beginnt er das erste Konzert mit Deutschland- und Horst Wessel-Lied. Am tragischen 9. November 1938 dirigiert er Bruckners Fünfte. Und natürlich verweigert er in einem von Mozarts Violinkonzerten die Kadenz von Fritz Kreisler.

Autor Paulus Hochgatterer und Regisseur/Puppenspieler Nikolaus Habjan haben diesen bedenkenlosen Nutznießer mehrerer Regime auf die heutige Bühne gestellt. So wenig er sich in der NSDAP engagiert hat, so gemein hat sich mit dem System gemacht. Und war hernach wehleidig, als man ihm das zunächst nachtragen wollte.

Aber nicht lang. Es wär‘ nicht Österreich!

Das musikbegeisterte Österreich hat diesen Dirigenten immer über sein eigentliches Können hinaus geschätzt. Das ist in Institutionen wie dem Österreichischen Rundfunk bis heute so.

Ein erfrischend respektloser Theaternachmittag – und ja: es zahlt sich aus, extra dafür nach Graz zu fahren.

Print Friendly, PDF & Email