Natürlich ist diese Überschrift Blödsinn: aber nicht mehr und nicht minder als Richard Wagners Textbuch zu Tristan und Isolde insgesamt. Es gibt wohl nicht eine merkenswerte Zeile in diesem Gereime. Nun ist zwar Oper nicht per se eine Gattung für besonders geistreiche Texte, noch ist das Geschwafel der meisten Librettisten erinnernswert. Zu Glück aber ist es meist nicht deutsch, was es eindeutig erleichtert, über den gesammelten Unsinn hinwegzuhören, zum anderen wird man (meistens) nicht gezwungen, eine ganze Oper über das Zeug auch noch in großen Lettern vor sich zu sehen.
Leider aber nicht so im HD Live Broadcast der MET gestern abend: Wagners stumpfsinniges Gereime war nicht abzuschalten! Immer wieder verfiel ich dem Lesen, wie sehr ich mich auch bemühen mochte. Das überlagerte dumpf eine doch recht gute Aufführung unter James Levine.
Wagners Tristan ist kompositorisch ein Meisterwerk, ein monumentales, durchkomponiertes Stück Musik, das ganz ohne Nummern und Hits auskommt, ohne jedoch arm an Glanzpunkten zu sein. Wie kaum ein zweites Mal hat Wagner in jener Schaffenspause am Siegfried ein prächtiges Stück Fortschritt in die Musik seiner Zeit geworfen.
Die Inszenierung von Dieter Dorn bewegte sich sparsam im stark geometrisierten Bühnenbild von Jürgen Rose; alles bewegte sich im Rahmen des Verstehbaren, die im Innern der Personen angesiedelte Handlung durfte dort bleiben, lediglich der Auftritt des Personals vollzog sich bisweilen wie ansatz- und motivationslos.
Neuartig auch die Bildregie der Übertragung, die viel mit Split Screens spielte, was oft zu einem elektronischen Pendent eines Altarbilds sich entfaltete, das auch jene Personen, die momentan nicht an der Stimme waren, in Groß- und Nahaufnahmen zeigte oder die Totale der Szene zusätzlich lieferte. Eine gelungene Idee, denn wozu sonst stehen während der doch teils recht langen Monologe Isoldens oder Tristans die anderen wie Statisten herum: sie bekommen, da sie ja nicht weggehen können, von der Regie was zu tun – und eben das kann man so auch sehen. Gelungen, wiewohl viel darüber gemäkelt wurde im Saal.
Gesanglich waren Deborah Voigt wie der für den erkrankten Ben Heppner kurzfristig eingesprungene Robert Dean Smith halbwegs auf der Höhe; wirklich gefiel mir aber Michelle De Young als Brangäne, die ich schon letzten Herbst im Konzerthaus in Mahlers Lied von der Erde hören konnte. Matti Salminen war ein gestandener, glaubwürdiger König Marke, Eike Wilm Schulte ein jugendlich-frischer Kurwenal.
Ein langer und eigentlich gewinnbringender Opernabend mit der herrlichen, farbigen, dicht gewobenen Musik des Meisters Wagner, wäre da nicht mit arg lästiger Beständigkeit das hirnrissige Gestammel seines Librettisten Wagner davor und im Wege gestanden…