Mit der gemächlichen, sich erst allmählich steigernden Passione (Hob. I/49) von Joseph Haydn eröffnete Bertrand de Billy einen Abend, der eine seltsame Kontinuität über doch fast zweieinhalb Jahrhunderte präsentierte.
Mit dem kleinen Klangkörper des klassischen Orchesters wirkte Haydns Komposition fast kammermusikalisch. Gerade das Adagio könnte auch, dünner besetzt, in einem seiner Streichquartette stehen. Das RSO Wien präsentierte eine luzide, langsame, geradezu kulinarische Reverenz an den großen alten Meister.
Mit einem mächtigen Sprung ins Zwanzigste Jahrhundert landete das Programm sodann bei Olivier Messiaen und seinem Orchesterlieder-Zyklus Poéme pour Mi, 1936 für Sopran und Klavier entstanden und im Jahr darauf in einer Fassung für Orchester mit umfangreicher Bläserbesetzung publiziert.
Nun ist Messiaen nicht gerade ein Neuerer oder Zertrümmerer gewesen, auch nicht in seinen frühen Jahren. So gesehen ist der Übergang von Haydn her noch eher fliessend. Die Schweizer Sopranistin Heidi Brunner interpretierte die Lieder mit zurückhaltender Intensität, präzise im Text, sicher in den Höhen.
Nach der Pause eins der frühen Werke, die Arnold Schönberg in den ersten Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts noch mit beiden Beinen fest in der gewissermassen orientierungslos gewordenen Nachromantik zeigen: noch ist von der Auflösung, durch die er später die Musik in die Gegenwart holen sollte, nichts zu bemerken, wohl aber von der Schwierigkeit, als junger Komponist in der Zeitgenossenschaft Gustav Mahlers zu stehen.
Sein Pelleas et Melissande baut Spannungsbögen, wie sie zu seiner Zeit schon gewagt werden, aber noch nicht mehr. Hier, will es scheinen, zögert die Moderne noch einmal vor sich selbst.
Das RSO hat gewissenrmassen in aller kulinarischen Rafinesse altbackenes Brot geboten, schöne Musik, aber nichts, was nicht auch andere Orchester zu bringen im Stande wären, die sich weniger lautstark der Pflege Neuer Musik verschrieben haben. Hervorragend musiziert aber.