Irgendwie scheint bei Regisseur Peter Konwitschny die Luft raus zu sein. Die Erfolge sind eine Weile her, offenbar aber taugen sie noch immer, ihm gute Aufträge zu sichern – so jetzt auch die Haus-Erstaufführung der Oper Aus einem Totenhaus von Leoš Janáček in der Wiener Staatsoper.
Das Haus am Ring hat gezählte 81 Jahre gebraucht, um eine der großen Opern der Zwischenkriegszeit des letzten Jahrhunderts ins Programm zu nehmen. Vielleicht war man in den Dreißigern entschieden anti-tschechisch, in den Vierzigern eher damit beschäftigt, den kulturellen Kahlschlag zu vervollkommnen – und nachher mit ebendemselben gestraft… Einerseits ist es also der Direktion Meyer zu danken, dass – nach der ersten Baraockoper in endlos vielen Jahren – nun auch das Totenhaus in Haus und Repertoire einzieht – wäre da nicht die konkrete Umsetzung.
Das Konzept von Konwitschny bürstet den Text, der immerhin von Dostojewski stammt, nicht bloß einfach so gegen den Strich, wie Regisseure das nicht sein lassen können, sondern verdreht ihn sein Gegenteil, eine Gegenwelt der vollends unpassenden Art. Er siedelt die Handlung im 44. Stock eines Hochhauses unter Mafiosi an. Was zunächst wie die übliche harmlose Willkür des Metiers aussieht, sperrt sich dann aber der Sache selbst.
Dostojewskis Buch besteht aus einer Sammlung von Geschichten, wie sie die Gefangenen einander erzählen, und Janáček hat sie so nebeneinander stehen lassen – einzige Klammer ist die Figur des Alexander Petrowitsch Gorjantschikow, der zu Beginn des Stücks eingeliefert und an seinem Ende überraschend wieder frei gelassen wird. Das geht natürlich unter freilaufenden Gaunern nicht auf. Auch die lange Sequenz der Theateraufführungen im Lager verkommt so zur banalen Pole Dance Show.
Ferner hat die Direktion darauf verzichtet, namhafte Sänger einzuladen – man bestreitet den raren Moment in Repertoirebesetzung: Sorin Coliban, Gergely Németi, Misha Didyk, Carlos Osuna, Hans Peter Kammerer, Alexandru Moisiuc, Kammersänger Herwig Pecoraro und eine weitere lange Reihe von Ensemblemitgliedern müht sich an der Partitur. Es könnte besser sein, das hat sich zuletzt gezeigt, als ich das Totenhaus in Berlin gehört habe.
Der Generalmusikdirektor Franz Welster-Möst wird eingehend bejubelt, und in der Tat hat er das Staatsopernorchester in großen Linien durch die eher karge Instrumentierung des Komponisten geleitet und zumindest die musikalische Reputation aufrecht erhalten.
Für das Leading Team gibt es die – genau genommen: verdienten – Buhrufe. Das war wirklich nichts. Bei den Sängern macht man Unterschiede, die mir aber nicht ganz nachvollziehbar scheinen. Sie waren alle nicht besonders hervorhebenswert. Ein liebloserer Umgang ist an diesem Haus noch nicht vielen Stücken widerfahren.