Berlin. Die Festwochen On Tour – das kann bisweilen etwas dauern: die Produktion der Oper Aus einem Totenhaus von Leos Janácek war bei den Wiener Festwochen 2007 zu sehen – an der ko-produzierenden Berliner Staatsoper ist sie heuer angekommen.
Es ist doch gut, dass eine so gute Produktion länger lebt und einen irgendwann dann doch noch ereilt… Diesmal in der Ausweichspielstätte der Berliner Staatsoper, dem etwas mickrigen Schillertheater – das Stammhaus ist im Umbau. Flair hat das kleine Haus wie eine Bahnhofshalle aus den Fünfziger Jahren, dafür gibt es im vergleichsweise winzigen Zuschauerraum beste Sicht nahe an der Bühne und eine passable Akustik.
Sir Simon Rattle dirigiert die Staatskapelle Berlin durch eine höchst expressionistische Partitur des späten Janácek: das Werk entstand in den letzten eineinhalb Jahren vor seinem Tod – die Fertigstellung der hier gespielten Fassung mit der versöhnlichen Schluss-Sequenz erlebte der Komponist nicht mehr.
Die Inszenierung des Franzosen Patrice Chéreau lebt von eher stillen Szenen im bedrückenden Bühnenbild von Richard Peduzzi, das zahlreiche Personal der Massenszenen stört aber nicht durch Auf- und Abgänge, sondern ist wie gespenstisch zur Stelle, wenn es gebraucht wird.
Janáceks Oper sieht keine herausragenden Helden vor, ihre Stärke ist die Exempelhaftigkeit der Einzelschicksale, dokumentiert in den Erzählungen der Gefängniskameraden – umklammert von der Einweisung und Freilassung des politischen Gefangenen Alexander Petrowitsch Gorjantschikow, präsent verkörpert und unaffektiert gesungen von Willard White.
Besonderen Eindruck macht die lange Erzählung des Schischkow im dritten Akt: Pavlo Hunka gelingt die Mischung aus auf die tschechische Sprachmelodie punziertem Sprechgesang und melodiösen Anklängen perfekt.
Insgesamt eine großartige Ensembleleistung, frenetischer Applaus ganz zu Recht.