Romantische Schmonzette im Reich der Ratten

Letztlich ist es egal, welcher Misere oder Revolution wir es zu danken haben, dass die Bayreuther Festspiele heuer erstmals das profane Fernsehen in ihre heiligen Hallen auf dem grünen Hügel lassen: arte überträgt live den Lohengrin.

Bedauerlicherweise hat der Sender gleich im ersten Akt technisch gepatzt und einen Sendeausfall produziert.

Richard Wagner hat mit dem Lohengrin in besten Mannesjahren eine typisch romantische Schmonzette komponiert, und man muss schon ein eingefleischter Wagnerianer sein, um ihr mehr abgewinnen zu können als anderen romantischen, nachgerade deutschen Opern. Wohl, ihm kommt das Verdienst zu, mit dem Lohengrin die erste durchkomponierte Oper geschaffen zu haben – doch das macht sie auch nicht besser.

Freilich ist Wagner kaum für den Mißbrauch seiner Oper im dritten Reich verantwortlich zu machen – wie auch Liszt nicht für die Verwendung seiner Preludes als Rußlandfanfare kann -, doch ist das Textbuch sprachlich so verstaubt wie inhaltlich zweifelhaft:

Für deutsches Land das deutsche Schwert

tönt Heinrich der Vogler.

Dem gegenüber hat Hans Neuenfels eine Horde putziger Ratten auf die Bühne gestellt, mit deren Hilfe sich die schwülstige Handlung erfrischend konterkarieren lässt – und das tut bitter not. Der christlich-germanische Mischmasch, den Wagner da zusammen braute, ist von noch größerem Schwachsinn durchweht als sonstige Opernlibretti.

Im Rahmen der für einen Nicht-Romantiker schwer erträglichen Musik strahlt Anette Dasch als Elsa, auch der König Heinrich Georg Zeppenfeld sticht hervor. Passend besetzt ist wohl Klaus Florian Vogt in der Titelrolle, doch die ganze Stimme ist unerträglich hoch geschrieben – man will sich Jonas Kaufmann, der die Rolle im letzten Jahr zur Premiere sang, gar nicht erst in ihr vorstellen.

Als Gegenspieler stehen Petra Lang – eine herrlich fiese und bösartige Ortud – und Tómas Tómasson – eher farblos als Telramund – auf der Bühne.

Großes leistet der Chor, dem Regisseur Neuenfels die Bürde aufgeladen hat, sein gesamten Deutungskonzept zu tragen.

Da ich mit der Komposition wenig anfangen kann, vermag ich auch die Leistung von Orchester und dem lettischen Dirigenten Andris Nelsons kaum zu beurteilen.

Wirbel kann so eine Inszenierung wohl nur in Bayreuth hervorrufen.

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