Leos Janacek war ein fleissiger Opernkomponist. Nicht alles aber ist auch nur annähernd so bekannt wie seine Jenufa. Die Katja Kabanova wird viel seltener gespielt, wenn auch nicht ganz zu unrecht.
Man könnte das Stück von nicht einmal 2 Stunden Länge durchaus als Express-Oper bezeichnen – nicht zuletzt der Komponist selbst hat die Aufführungspraxiw seiner Zeit immer wieder dazu gedrängt, keine langwierigen Umbaupausen zwischen den drei Akten aufkommen zu lassen – und nur widerwillig ein paar Takte Zwischenspiel ergänzt, um die so unweigerlich entstehende Zerflattertheit der Aufführungen zu vermeiden.
Dem Theater an der Wien ist die zügige Umsetzung im Sinne Janaceks wohl gelungen: in der Regie von Keith Warner, der am Haus an der Wienzeile schon durch die fulminante Umsetzung von Haydn’s Orlando paladino aufgefallen ist, geht das Kammerspiel an der Wolga seine unaufhaltsamen Wege. Die Bühne von Kaspar Glarner erweist sich dabei als beweglich und – im Gegensatz zur Kritik im Standard fand ich das gar nicht störend – im besten Sinne mobil. Es ist eine seltsam altbackene Naturalismusverliebtheit, die das Handanlegen von Darstellen bei laufender Aufführung verurteilt.
Musikalisch ist die Katja Kabanova ein recht lyrischer Janacek. Die intensive Musik wird eng aus der tschechischen Sprache, ihren teils expressiven Ausdrucksformen und ihren melodiösen Potentialen, entwickelt, was sie vielleicht für das Ohr des italienisch-gewohnten Hörers ein Wenig abrupt, zischend und zuweilen sperrig macht. In den Szenen der fiesen Schwiegermutter, bös und giftig dargestellt und gesungen von Anja Silja, kommt das aber schon einer Offenbarung gleich. Solche Frauen müssen der Urgrund unseres Schwiegermutter-Horros sein!
Die Katja – Melanie Diener – entwickelt sich entlang des rigiden Handlungsstranges von einer recht bigotten Messbesucherin, indem sie angelegentlich einer Reise ihres Ehemanns plötzlich die Sehnsucht und in den Armen Boris‘ die Liebe entdeckt, zur tragischen Heroine. Dem Komponisten gelingt es, auch diese Passagen vom ersten zaghaften Turteln bis zur verzehrenden, alles riskierenden Affäre in Klang zu setzen. Wenn auch seine Stärke die Tragik zu sein scheint, jene intensen Momente, ehe die von ihrem Ausbruch eingeholte Katja ins Wasser der Wolga geht.
Robert Brubaker als Geliebter Boris ist vielleicht noch erwähnenswert; beachtenswert ist sonst nur Stella Grigorian, die bis 2006 fixes Ensemblemitglied an der Staatsoper war, als Verführerin, Kumpanin und Komplizin Varvara. Der alte Dikoj, als Schwejk-Karikatur angelegt von Anatoli Kotscherga, ist irgendwie daneben.
Der wahre Lichtblick aber ist das RSO Wien unter Kirill Petrenko: hier wird präzise musiziert, die nicht eben einfache Partitur Janáčeks flüssig und ohne Hast, doch mit der gebotenen Stringenz und Verweilungslosigkeit gespielt.