Ungleiche Paarung

Zwischen der Iolanta von Pjotr Ilych Tschaikowski und der Francesca da Rimini von Sergej Wassiljewitsch Rachmaninow liegen gerade mal 14 Jahre – und eine musikalische Epochengrenze. Beide Komponisten sind eines Geistes, was die Quelle des musikalischen Ausdrucks aus der tiefen Empfindung betrifft. Modern ist also auch Rachmaninow nicht, seine Musiksprache ist tief im 19. Jahrhundert verwurzelt, und dennoch wohltuend vom Tschaikowski der Iolanta verschieden.

Der große Tschaikowski stand auf dem Höhepunkt seines Ruhms, gerade zurück von einer triumphalen Reise durch die USA machte er sich 191 an die Komposition eines Doppelabends aus Iolanta und dem Nussknacker. Die Pathétique stand noch bevor, das dritte Klavierkonzert entstand ebenfalls zu dieser Zeit. Und doch klingt die einaktige Oper nach dem Libretto seines Bruders Modest wie mit dem Honiglöffel umgerührt: sie kann ihre Nähe zum Nussknacker keinesfalls verleugnen. Entsprechend langweilig ist das Werk, die Tiefe etwa des Onegin oder noch der Pique Dame wird nicht mehr erreicht. Ich muss gestehen, ich habe sehr mit dem Schlaf gerungen.

Den Abend gerettet hat dann unzweifelhaft Sergej Rachmaninow: man hat ihm stets Schwächen in der Gestaltung von Gesangsstimmen nachgesagt, und in der Tat haben seine Figuren keine Glanzrollen zu singen. Wohl aber der Chor – wieder verkörpert vom Arnold Schönberg Chor -, dem er das wortlose Lamento der Verdammten geschrieben hat, eine gespenstisch präzise Schilderung der Verzweiflung angesichts ewiger Verdammnis. Groß ist Rachmaninow dafür in der Orchesterbehandlung.

In beiden Titelrollen vermag die ukrainische Sopranistin Olga Mykytenko zu überzeugen, ihr gegenüber als zweifacher Liebhaber Saimir Pirgu, hierzulande schon präsent in der Staatsoper sowie in Harnoncourts Idomeneo bei der styriarte. Der Russe Dmitry Belosselsky singt den König René und den Malatesta.

Vassily Sinaisky hat für den kurzfristig erkrankten Kirill Petrenko das Dirigat übernommen und leitet das Radio-Symphonieorchester passabel durch den pickigen Tschaikowski und sehr gut durch den ungleich anspruchsvolleren Rachmaninow.

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