Weltausbruch in kraftvoller Sprache

Nachdem hier schon mehrmals an das gute alte Mahavishnu Orchestra erinnert wurde, anläßlich der CDs von Trilok Gurtu oder des radio.string.quartet, habe ich mich nach sicher mehr als einem Jahrzehnt mal wieder hingesetzt mit The Inner Mounting Flame von 1971 (eigentlich wollte ich ja Pat Metheny und Brad Mehldau’s neue namens ‚Quartet‘ besprechen; sie ist mir aber doch zu plätschernd – passabler Jazz für nebenher, aber nicht allzu vieler Worte wert…)

Mahavishnu Orchestra - The Inner Mounting Flame

Das fegt ordentlich:

  • Jerry Goodman treibt mit seiner Violine die ganze Combo in ungeahnte Höhen, sowohl was Geschwindigkeit als auch Tonhöhe betrifft, schneidet bisweilen in die Hochtöner – aber ist auch zu lyrischen, fast bukolischen Medlodieläufen im Stand
  • der ‚Mahavishnu‘ John McLaughlin selbst liefert mit und gegen Goodman Duelle von konzentrierter Spannung und Duette voll ausgeklügelter Verschlungenheit: Elektrogituarre und Violine in selten gehörter Symbiose, und das noch über indisch rhythmischem und melodischem Material
  • Pianist Jan Hammer bringt Einflüsse Neuer Musik – auch stilistisch der Europäer im Quintett
  • der Ire Rick Laird unterlegt die Solisten mit Bassläufen, die ebensowenig Routine sind wie
  • Drummer Billy Cobham’s energetischer Stil

Gleich der Einstieg mit ‚Meeting Of The Spirits‘ erzählt in kraftvoller musikalischer Sprache die Geschichte dieser fünf Individualisten, als würden sie sich hier gerade erst finden. ‚Dawn‘ kühlt sodann die Gemüter ab, ruhige Melodik und intensive rhythmische Crescendi folgen einander, um sich in rasendem Stakkato zu brechen. Mein Favorit für ruhige, nichts desto weniger energetische Momente: ‚A Lotus On Irish Stream‘ – das verspricht nicht nur eine gälisch-hinduistische Mischung, es hält auch!

Zuletzt ‚Awakening‘: hier sprengen McLaughling, Hammer, Cobham und Co die Grenzen des Fusion Jazz: was vielleicht vorher an der Grenze von Rock und Jazz angesiedelt war, bricht in einer breiten Stampede aus in die weite und vor allem die ganze Welt.

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