Neue, kühne Musik war’s damals. Und sie fand ihre Bewunderer genauso wie ihre Kritiker. In den musikdramatischen Werken von Jean-Philippe Rameau erreichte die französische Oper des Barock ihren späten zweiten Höhepunkt. Die Musik ist reich an Modulationen und Dissonanzen, sie klingt darum auch lebendiger als die seines Vorgängers Lully – oder auch die von Händel, der wenige Jahrzehnte zuvor in London reüssierte.
Die Wiener Kammeroper bringt derzeit zwei acte de ballet von Rameau, zwei luftig leichte Stücke von geradezu schwebender Musikalität, Gesang ohne den ausufernden Da-Capo-Manierismus Händels, entrückend heitere Werkchen ganz zum plaisir des Publikums, in dem heutzutage halt nicht mehr der gottgesandte König sitzt, sondern gewissermassen die Avantgarde der Plebs. Aber das macht sich, bis auf ein paar Raschler und Keuchhuster, nicht störend bemerkbar.
Das hauseigene Barockensemble unter Bernhard Klebel befeuert ein durchweg jugendliches Ensemble, das mit einer geschlossenen Leistung glänzt: die je zwei Damen und Herren (Katja Juliana Geiger, Adriana Mortelliti, Coneliu Ganea, Martin Zanotti), die das eigentliche Ballet stellen, folgen der unverkrampft modernen Choreographie von Giorgio Madia, die nicht einmal ansatzweise ins übliche Gehopse und Getrippel abgleitet.
In der Ausstattung der Berlinerin Cordelia Matthes, die hier am Haus schon Janaceks Schlaues Füchslein betreut hat, singt die New Yorkerin Diana Higbee die Zélide in La Guirlande, einem simplen Schäferspiel von Liebe, Betrug und Versöhnung. Ihr zur Seite steht der Counter Erik Leidal, der in Wien schon häufig zu sehen und hören war. Beider Aufgabe ist überschaubar, und natürlich meistern sie sie.
Im zweiten Stück, Zéphyre, führt die russische Sopranistin Liudmila Shilova das Ensemble – auch hier nichts auszusetzen. Es glänzt aber von Anfang bis Ende – und nicht nur wegen ihres goldenen Gewands! – die Südafrikanerin Marelize Gerber (in der Staatsoper bisher nur in einer Kinderoper) in der Titelpartie. Ein hübscher Zeitvertreib, exzellent gesungen, wenn auch die Regie ihr etwas mehr an Bewegung abverlangt, als sie unter Bewahrung der Natürlichkeit zu leisten vermag: ein Wenig gestelzt kommt meistens sie daher, betulich grazil.
Insgesamt beschert die Kammeroper damit einen netten Abend, den man nicht bereut – aber vermutlich auch nicht allzu lang behalten wird.
Ein Gedanke zu “Zwei luftig leichte Miniaturen”
Hier werden wir in englischer Übertragung (unter Auslassung der Wenns und Abers), jedoch immerhin, zitiert:
http://artists.earlymusicguide.com/show.php?name=marelizegerber