Mit traumwandlerischer Sicherheit

Wieder einmal Geriatrietag im Cineplexx… Die Live-HD-Übertragungen aus der MET bescheren den teilnehmenden Kinocentern eine wahre Invasion von Leuten, die sonst nicht mehr ins Kino gehen, und wahrscheinlich schon gar nicht in eins, in dem Pommes-Frittes-Geruch und Popcorn-Knabbern zur unvermeidbaren Atmosphäre gehören.

Es ist aber bislang jeder Abend – bis auf den einen mit Puccini’s Madama Butterfly – ein Opernerlebnis der nicht zu versäumenden Art geworden!

Die andere Inszenierung in dieser Übertragungssaison, die Mary Zimmerman an der MET umgesetzt hatte, konnte ich erst vor ein paar Wochen mit der Netrebko sehen. Für La Sonnambula von Vincenzo Bellini hat sie sich eines mehrfach gespiegelten Settings bedient: die Oper läuft als Probe einer Oper ab.

Dadurch können die Akteure in Lockerheit und Frische wirken – was erst recht wichtig wird, wenn man so großartige Schauspieler-Sänger zur Verfügung hat wie Natalie Dessay – diese Frau macht scheinbar einfach alles mit: spielt mit vollem Einsatz, wo andere vollauf damit beschäftigt sind, nur zu singen – und singt dabei hinreissend schön!

Ihr zur Seite Juan Diego Flórez, der leider schauspielerisch kaum mithalten kann, aber wirklich betörend singt. Allein für seine Arie am Beginn des zweiten Aktes muss man ihn aber lieben!

Wirklich ein Lichtblick – was neben Natalie Dessay allein schon eine Leistung ist – war aber auch Jennifer Black, die intrigante Wirtin Lisa. Sie spielte und sang sowohl Eifersucht als auch Triumph und schlussendlichen Absturz eindringlich und mit viel Detail. Der sie durchwegs vergeblich anbetende Alessio wurde vom jungen Amerikaner Jeremy Galyon gegeben, die Mutter eindringlich und auch in ihren vielen stummen Rollen präsent von Jane Bunnell. Den Conte Rodolfo verkörperte sehr gediegen und stimmstark der parmeser Baß Michele Pertusi, der in dieser Rolle auch schon an der Staatsoper zu hören war.

Evelino Pidò dirigierte mit dem nötigen Schwung, das Ganze schien allen Beteiligten auch ehrlich Spass zu machen – als Zuseher aber allemal!

Den einzigen Faux-pas beging Pausen-Host Deborah Voigt in der Einleitung, als sie vom Schauplatz der Oper als „a small Swiss village in the Tyrolean Alps“ sprach. Nun, von daort drüben mag das vielleicht keinen Unterschied machen, man soll sich bekanntlich nicht so wichtig nehmen. Immerhin wurde im Kinosaal gelacht, was dafür spricht, dass auch in der mobilen Geriatrie schon durchweg ausreichend Englisch verstanden wird.

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