Vorneweg: warum man immer wieder hingeht, obwohl einem das Programm schon Fadesse verspricht, ist nicht einwandfrei zu klären. Man hofft halt immer auf ein Wunder! Obgleich mir gerade bei Johannes Brahms inzwischen längst klar sein sollte, dass das mit uns beiden nichts mehr wird. Und dann am selben Abend auch noch eine Schumann-Symphonie. Hab ich nichts Besseres zu tun?
Gut, ganz so schlimm ist es natürlich nicht. Brahms ist ein entsetzlicher Langweiler, da helfen auch die technischen Hürden nicht, die er in seinem einzigen Violinkonzert dem Solisten in die Partitur geschrieben hat. Es zieht sich und macht wenig Freude. Was zugegeben eine sehr subjektive Einschätzung ist. Dem Virtuosen, an diesem Abend Julian Rachlin, scheint das aber auch ähnlich gegangen zu sein. Er hat die ursprünglich angekündigte Zugabe aus einer von Bachs Sonaten durch Eugène Ysaÿe Sonate-Ballade op. 27/3 für Violine solo aus 1924 ersetzt – wie zur Kompensation. Das macht natürlich so viel Freude, dass mir der Brahms gleich wieder erfreulich wurscht war.
Ganz ähnlich verlief es im zweiten Teil des Konzerts. Zunächst die Erstaufführung des Werks Stromab von Johannes Maria Staud: man glaubt es kaum, auch heute noch wird Musik geschrieben. Dass dabei wie immer die Grenzen der Behandlung der Instrumente ausgelotet werden muss, also leeres Blasen, Streichen, Klopfen, und dass es zum Musizieren heute offenbar eines riesigen Arsenals an Schlagwerken bedarf, daran hat man sich ja nach und nach gewöhnt. Dankenswerterweise verirrt sich Staud in beide Gefielde nur kurz. Wenn man von der Zugabe einmal absieht, war hier der Höhepunkt des Abends zu hören!
Danach gab’s noch die Symphonie No. 2 von Robert Schumann. Die Philharmoniker spielten den Abend unter dem Franzosen François-Xavier Roth, der allem Anschein nach Teile seiner Ausbildung bei Louis de Funès genossen hat.