Ansingen gegen die Fadesse

Das hat nun Antonin Dvorák wirklich nicht verdient – und mit ihm eine Riege von erstklassigen Sängerinnen – allen voran Renée Fleming – und Sängern: eine wirklich fade Rusalka. Musikalisch ist die Oper ja von sich aus mit erheblichen Längen behaftet, insbesondere im ersten und dritten Akt sind nur isolierte Perlen zu finden, zu Klasse läuft allein der mittlere Akt auf. Aber das ist bei vielen Werken so und bisweilen schlimmer.

Ganz und gar unerträglich macht das Werk jedoch eine Inszenierung, die ohne jegliche Sinngebung auskommt, Personenführung nicht braucht, weil sie eh‘ alles Tun unterbindet, und generell davon auszugehen scheint, dass sie selbst vollständig durch ein opulentes Bühnenbild ersetzt werden kann. Wem diese Beschreibung bekannt vorkommt, dem wird es auch nicht schwer fallen, dahinter den Uraltmeister Otto Schenk zu erkennen. Es ist wieder mal zum Auslaufen öde. Ganz ohne Regie hätten die Figuren dieses nicht eben geistlosen Märchens wohl genauso viel zusammen gebracht. Oder mehr.

Und so wie bei Zeffirelli alles aus einem Guss ist, kommt es auch bei Schenk daher – und beider Zeit ist längst schon um: das Märchen ist ein Märchen, die im Dutzend sich aufdrängenden Interpretationen werden ignoriert, das Bühnenbild von Güther Schneider-Simssen ist dementsprechend ideenarm aber dafür mit Banalitäten überladen, die Kostüme von Sylvia Strahammer sind es nicht minder. Man sieht natürlich an allen Ecken, dass das sehr viel Arbeit ist und ein Heidengeld gekostet hat. Dem steht allerdings ein nur mäßiger Ertrag gegenüber.

In dieses Bild hineingestellt ist es zweifelsohne anstrengend für Renée Fleming, eine intensive Nixe Rusalka zu singen, doch bewahrt sie Haltung und Fühlung zur Musik. Ihr gegenüber macht Haustenor Piotr Beczala eine weniger gelungene Figur, etwas fahrig und dann wieder für Dvorák eindeutig zu stahlend. Die Fürstin Emily Magee glänzt in erster Linie durch ihren pikierten Gesichtsausdruck, patzt aber da und dort.

Gesanglich gut, aber leider zu sehr eingenommen von der Schenk’schen Maskerade liefert Dolora Zajick eine Jezibaba, wie man sie sich wünschen kann – wenn man die Augen zu macht. Ganz und gar untadelig singt Bass John Relyea den Wassermann; sein Kostüm macht zwar auch nur im Kontext des banalen Märchens Sinn, er trägt es aber, wie die Hauptdarstellerin, mit so viel Fassung, dass man darüber allzu gern vergisst, wobei er gezwungen ist mitzuspielen.

Dirigent Yannick Nézet-Séguin, der zwar immer noch als Jungspund gehandelt und begrüßt wird, sich aber doch längst die ersten Lorbeeren verdient hat, steuert das zur Schwerfälligkeit neigende Schiff mit geschickter Hand durch den Abend. Allein, gegen die lähmende Opulenz und handgreifliche Nichtigkeit der Inszenierung vermag auch er den Eindruck nicht einzudämmen, dass man sich fürstlich langweilt. In all den Saisonen der Live in HD Übertragungen aus der MET war das wohl die bisher Lähmendste. Und weil die Fauteuils im Kinosaal denn doch recht bequem sind, rauft man – außer im zweiten Akt – denn auch meistens mit dem Schlaf.

 

Dvorák: Rusalka - Fleming, Heppner, Mackerras
Dvorák: Rusalka – Fleming, Heppner, Zajick – Mackerras

Man kann sich zum Glück Renée Fleming und Ben Heppner (der Piotr Beczala problemlos in den Schatten stellt) in dieser Rusalka unter Charles Mackerras jederzeit ohne die Schenk’sche Geistlosigkeit anhören…

 

 

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