Überraschend un-romantisch

Es ist längst kein Geheimnis mehr, ich bin kein besonderer Freund der französischen Musik des 19. Jahrhunderts: Massenet wird mir erträglich nur in herausragender Besetzung (wie mit Jonas Kaufmann oder Renée Fleming), aber sonst meide ich diese Franzosen mist allesamt. Und es wieder nur der Besetzung geschuldet, dass ich mir Camille Saint-Saëns überhaupt angetan habe: Elina Garança, die derzeit so selten zu sehen ist, war denn doch Verlockung genug…

Und ich wurde höchst positiv überrascht! Entgegen der Konzert- und Kammermusik, die ich sonst von Saint-Saëns kenne, hat Samson et Dalila mich nicht enttäuscht.

Das dankt sich natürlich einer herausragenden Elina Garança als Dalila. Dass diese Frau begnadet singt, habe ich schon öfter hören dürfen. Und ich weiß aus eigener Anschauung, dass sie – etwa entgegen der viel zu hoch gelobten Anna Netrebko – auch spielen kann. Das macht die Aufführung in der MET Live in HD Serie zu einer packenden. Neben ihr wirkt Roberto Alagna als Samson leicht bläßlich, bei ihm ist es offenbar nicht so einfach, wirklich gute Tage zu erwischen.

Dafür hat Laurent Naouri als Hohepriester alles wettgemacht, was vielleicht bei Samson nicht ganz so energetisch rüberkommen wollte. Und Elchin Azizov als Abimélech sowie Dmitry Belosselskiy als Alter Hebräer haben dieses Ensemble würdig komplettiert.

Unter dem Dirigat von Mark Elder gelingt eine spannungsreiche Umsetzung der Partitur, große wie leise Momente werden sehr zum Vorteil der Sänger unterstützt. Sogar an der zurückhaltenden Regie von Darko Tresnjak gab es nichts zu mäkeln. Die Bühnenbilder von Alexander Dodge muss man als äußerst gelungen in Erinnerung behalten, selbst der monumentale Tempel im letzten Akt stürzt nicht ins Giganomanische ab.

so einen gelungenen Abend hätte ich mir eigentlich gar nicht erwartet.

Print Friendly, PDF & Email