Einschichtige Erfahrungen

Ein paar Tage in der Einschicht haben gar nicht geschadet.

Die Anreise nach Kukmirn gestaltete sich einigermaßen unbequem, als es am Sonntagabend fortwährend goß und beim starken Verkehr nur langsam voran ging. also beschlossen wir, so weit als möglich nach Süden auf der Autobahn zu bleiben. Man kann aber – das haben wir dabei festgestellt – Kukmirn offenbar nicht von allen Seiten anfahren – der Ort im Südburgenland scheint sich vor der Annährerung aus der Steiermark zu verstecken: keine Wegweiser, generell keine sehr konsistente Beschilderung von Ortschaften, sodass man irgendwann beginnt, im Kreis zu fahren.
Schlußendlich haben wir’s aber gefunden, wenn auch eher zufällig: kurz vor der Ortstafel gibt es an der Kreuzung aus Richtung Stegersbach einen – man glaubt es schon nicht mehr – Wegweiser!

Man hat auch sonst auf den ersten Eindruck wenig Freude mit Gästen, zumindest wenn nicht Wochenende oder Sommerfrischezeit ist, will es scheinen. Buschenschenken, Wirtshäuser und andere von Touristen gern besuchte Plätze waren zappendicht. So jedenfalls am Montag. Einziger Lichtblick: der Hoanzl mitten in Kumirn. Man kocht vorzügliche Wildgerichte der Sorte Hausmannskost mit leichtem Pfiff – so wußte die „Spezial“-Sauce zum Rehbraten mit einer hintergründigen Note von Orangen zu begeistern. Auch die Wildschaumsuppe mag sich – gar nicht so deftig wie ihr erster Eindruck – auch anderswo ohne Bedenken sehen und schmecken lassen.

Mit dem Dienstag kam aber nicht nur neues Licht – Sonne nach regenverhangener Zeit – sondern auch etwas mehr Freundlichkeit in Gegend wie Leute. Aber aus dem gastronomischen Malheur rettete uns wieder nur der Hoanzl – was keinesfalls zu unserem Mißfallen war. Ich weiß auch ein gebackenes Hirschenschnitzel durchaus zu schätzen, wenn es, wie beim Hoanzl, mürb, feinherb, knusprig und reichlich ist.

Vermutlich haben wir uns gegenüber anderen Etablissements in der Gegend eine Menge Geld gespart und dabei besser gegessen. Vor dem Vollmann waren wir aus Wien her gewarnt: gigi wolle er, könne er aber nicht, und deftig genausowenig wirklich.

Immerhin ist die nicht allzu ferne Lendl’s Backstube (gräßliche Homepage aber nettes Lokal) die Anfahrt allemal wert. Nicht nur, wenn man Lebkuchenpreisträger sucht.

Ein völlig andere Geschichte ist der Umgang ministerieller Projekte mit den Menschen und Betrieben im Land: die Initiative Genussregion Österreich scheint als einziges Ziel die Maximierung der in Österreich von sogenannten Genussregionen abgedeckten Fläche zu verfolgen – inhaltlich läßt die Sache zu wünschen übrig:

  • Als Konsument vermisse ich die Erschließung der Angebote: die Website funktioniert nur bedingt, der Inhalte dessen, was geboten wird, ist wenig aufschlußreich.
  • als teilnehmender Betrieb einer solchen Region – so versicherten uns mehrere – mangele es am gleichen Problem: oft ist ein Jahr nach feierlicher Eröffnung noch immer kein Verzeichnis von Anbietern und Vertriebsadressen zugänglich.

Generell scheint sich’s eher darum zu drehen, wahlkampftauglichen Aktionismus zu versprühen. Für die Apfelbauern in Kukmirn hat sich nichts geändert, seitdem die Politiker wieder abgezogen sind. Der ORF hat das eine oder andere Fleckchen mit einem kulinarischen Sendungsschwerpunkt beehrt, aber langsam scheint denen das auch zu inflationär zu werden. Oder geht der ministeriellen Sponsoring-Kasse das Geld für die Produktionskostenzuschüsse aus?

Das ganze Projekt Genussregion Österreich scheint sich durch Verwandlung des gesamten Landes in einen Feinkostladen seiner eigentlichen Konzeption entheben zu wollen. Einschicht wird Einschicht bleiben, was umkehrt gar nicht mal so übel ist. Wir Städter mögen es, wenn es wo noch Land gibt, wenn auch nicht direkt daheim bei uns…

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