Was will man mehr

Man muss nicht wiederholen, welchen Kahlschlag der europäischen, aber insbesondere der deutschen und österreichischen Kultur das barbarische Wüten der Nazis vollbracht hat – die Namen der Vertriebenen sind Legion, und es sind in der Regel die besseren der Besten, die davon betroffen waren oder sich mit den Brutalosnobs nicht gemein machen wollten. Vergessen werden darüber aber vor allem jene, aus denen noch hätten wahrhaft Große werden können, wären sie nicht ihren hirnlosen Mördern zum Opfer gefallen.

Einer, dem dieses Schicksal 1944 im KZ Birkenau angetan wurde, ist der tschechische Komponist Pavel Haas: heute außerhalb Tschechiens eher unbekannt, versäumten wir ein musikalisches Genie – träte da nicht das nach ihm benannte Pavel Haas Quartett immer wieder mit seinen Streichquartetten, von denen er 3 hinterlassen hat, an.

Für das Konzert im Mozartsaal haben die vier Musiker diesmal sein drittes Streichquartett op. 15, geschrieben 1937-1938 schon unter dem Eindruck massiver deutscher Einflussnahme in der tschechischen Politik, die sogar zur Absetzung seines Opernerstlings nach nur wenigen Aufführungen führte, mitgebracht: und daran lässt sich zweifelsfrei ermessen, welches Potential hier zum Verstummen gebracht wurde.

Kontrastierend dazu das zweite Streichquartett F-Dur op. 92 (über kabardinische Themen), das Sergej Prokofjew 1941 in den USA verfasste: es ist in seiner sehnsüchtigen folkloristischen Motivik und rhythmischen Grandezza zwar mitreißend, aber in essentia doch recht banal: es klingt über weite Strecken wie eine verjazzte Version von Anatevka für Streichquartett. Nun ja, wenig Futter für den Geist, aber immerhin freundlich zur Seele.

Nach der Pause eine strenge Probe, wagt das Quartett sich doch mit „Der Tod und das Mädchen“ – Streichquartett d-moll D 810 – von Franz Schubert ins einheimisch Klassische. Und es gelingt. In einem so dicht besetztes Feld wie bei diesem andauernd gespielten Stück ist es aber mehr als nur schwierig, eine eigenständige Linie zu finden. Die vier Tschechen – erste Violine Veronika Jarůškova, zweite Violine Eva Karová, Bratsche Pavel Nikl und Cello Peter Jarůšek – bringen eine mustergültige Umsetzung zu Gehör, sowohl die Dynamikwechsel als auch die lyrischen pianissimi kommen natürlich und – bei einem Stück wie diesem äußerst wichtig – unaffektiert. Was will man mehr?

Die Quartett von Pavel Haas gibt es auf mehrere CDs des Ensembles verstreut:

Neben Janaceks erstem finden sich hier die Streichquartette Nummrn 1 und 3. Das Quartett Nummer 2 findet sich – neben den Intimate Letters von Janacek, auf dieser:

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