Verneigung für zwei Celli

Wieder mal das Hagen Quartett: mit Mozart F-Dur K590 und Debussy in g-moll… Fast möchte ich bereuen, diesen Zyklus genommen zu haben, war ich doch die letzten beiden Male weniger angetan, doch immerhin – sehr lange nicht mehr gehört – steht auch das Quintett C-Dur von Franz Schubert auf dem Programm.

Gut: die Hagens sind nahezu perfekt, doch es ist eine Perfektion, die schon wieder hochmütig klingt. Und Lukas Hagen verpasst dem Mozart’schen Violinpart eine Portion Schmelz, die viel zu süßlich und – ja: – beflissen klingt. Aber sonst ist das alles natürlich einwandfrei.

Dann noch das g-moll-Quartett von Claude Debussy. Der Mann hat es tatsächlich geschafft, selbst seine Dissonanzen harmonisch klingen zu lassen. Doch was er in der Klavierliteratur mächtiges hinterliess, lässt umgekehrt sein Streichquartett weit hinter sich. Wenn das, was gespielt wird, mich langweilig ankommt, dann kann ich leider auch nicht beurteilen, wie es gespielt wird.

Nach der Pause aber endlich was für mich!

Kann man, möchte man fragen, der himmlischen Einfachheit und zugleich absoluten Komplexität des Streichquartetts denn überhaupt noch etwas Relevantes hinzufügen, indem man es mit einer zweiten Bratsche oder einem zweiten Cello ergänzt? In der Tat ist Schuberts C-Dur-Quintett da eine herausragende Innovation – und zugleich ein Monolith bis auf den heutigen Tag:

Die Innovation besteht allein schon darin, anstatt der Bratsche, wie noch bei Mozart oder Beethoven üblich, ein zweites Cello einzusetzen. Das zieht die gesamte klangliche Struktur ins Dunkle – und das macht den speziellen Reiz dieses Werks aus. Und gar, wenn dieses zweite Cello kein geringerer als Heinrich Schiff bedient.

Schubert ist da gar nicht faul gewesen und hat dem zweiten Cello überdies eine vom ersten vollkommen unabhängige Rolle zugeschrieben. So ergänzt er eine Facette, die dem Cello im Streichquartett recht selten zukommt: neben dem Bassbereich, den es sonst abzudecken hat, führt der Komponist die zweite Cellostimme in lichte Höhen, sozusagen zum Tenor. Denn gerade in seinen Höhen wird das Cello für gewöhnlich unter seinem Wert geschlagen.

Das Werk lässt einen sprachlos zurück. Und es gibt auch rein gar nichts zu maulen. Ich verneige mich vor Franz Schubert, vor den vier Mitgliedern des Hagen Quartetts und vor Heinrich Schiff…

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