Nikolaus Harnoncourt, der sich jahrzehntelang um den originalen Klang alter Musik bemühte – und einer der Vorreiter dieser Bewegung war und ist -, bringt anlässlich der heurigen styriarte die leicht Muse in Gestalt der Oper Die verkaufte Braut von Bedrich Smetana auf die Bühne, was in erster Linie durchaus sein Problem ist. Es gibt Stücke, denen ich halt wenig bis gar nichts abgewinnen kann. Dass Harnoncourt sie aufgreift, macht sie mittlerweile aber auch nicht interessanter.
Gut: bin ich halt ein Purist. Von mir aus ein Kulturschnösel. Ich kann mit Strauss – also den Wiener Sträussen -, Lanner und dergleichen rein gar nichts anfangen, ergo ist mir auch das milliardenfach geschätzte Neujahrskonzert in erster Linie ein Graus. Ich pflege am ersten Jänner nicht so verkatert zu sein, dass ich das ertragen kann.
Andererseits: ich muss ja nicht zur styriarte. Aber darum geht es nicht. Nikolaus Harnoncourt hat heute in einem Interview begründet, warum er das Stück obendrein noch in deutscher Sprache spielen lässt: der Trend zur Originalsprache sei ein kultureller Wahn.
Das muss einem Menschen, der den Originalklang mitbegründete, erst einmal über die Lippen gehen! Als brächten nicht so unterschiedliche Sprachen wie tschechisch und deutsch fundamental verschiedene Sprachmelodien in die Komposition ein, differente Vokalstände und individuelle Betonungen… Dem gegenüber kann es nicht wirklich wichtig sein, ob die Leut‘ den Text verstehen!
Texte in Opern sind in den meisten Fällen sowieso hirnrissig, selbst Skaespeare-Vorlagen leiden unter der Simplifikationswut der Librettisten. Und warum große Teile des Publikums bei schlechtem Licht lieber im Libretto mitlesen als sich das Gebotene einfach anzuhören, ist mir seit jeher ein Rätsel. Es kann einem aber wurscht sein, solange sie nicht unisono rascheln beim Umblättern. Das hat mir schon mal ein barockes Oratorium{{1}} verleidet.
Ein weiterer Punkt, der mir anlässlich von Wagners Tristan aus der MET Live in HD aufgefallen ist: wenn das Textinsert einen fortwährend zwingt, auf den Wortlaut zu achten, kriegt man erst so richtig mit, wie abgrundtief blödsinnig die Texte des Herrn Wagner eigentlich sind. Ohne Prompter bleibt einem das zumeist erspart, wie einem die Originalsprache in der Regel die Erkenntnis erspart, dass selbst in den größten Opern kein Schutz vor dümmsten Texten zu haben ist.
Mit deutschen Singspielen wie einer Zauberflöte muss man da leben, bei Richard Strauss haben ja zum Glück schon ersthafte Dichter gewerkt – sein selbst gedichtetes Intermezzo hingegen ist ein klarer Beweis für meine These. Auch Aribert Reimanns Medea auf der Basis von Grillparzer kann sie – als positives Beispiel – nur untermauern.
Ferner haben mit die wenigen direkten Vergleiche zwischen Staatsoper oder Theater an der Wien – sowie anderen internationalen Opernhäusern – und der Volksoper meistens gezeigt, dass es da einen Unterschied gibt. Und eine Carmen auf deutsch wie seinerzeit im Steyrer Schlossgraben – das geht bitte aber gar nicht!
Den Vorwurf, den Herr Harnoncourt da erhebt, muss man folglich aushalten: es mag ein kultureller Wahn sein, aber da führt kein Weg zurück!
[[1]]im Konzerthaus, ich weiss aber nicht mehr, was genau[[1]]