Pennälerniveau

Als Geschichtswerk geht es – entgegen seinem Titel: Der Wiener Kaiserhof: Eine Kulturgeschichte von Leopold I. bis Leopold II – nicht wirklich durch; eher als das informierte Geplauder eines Gymnasialprofessors. Und in der Tat, der studierte Musikwissenschafter, Historiker und Germanist – man weiss nicht: war’s doch nur das Lehramt? – Frank Huss unterrichtet an einem Wiener Gymnasium – und kann teils den Ton, mit dem man vielleicht in der Unterstufe G’schichterln erzählt, nicht verhehlen.

Sein Kapitelchen über Mozart hat wirklich Pennälerniveau.

Können Verlag und Lektorat natürlich für den flockigen Stil nichts, so tragen sie die Verantwortung für holpriges Deutsch oder schlampige Korrekturen, wenn etwa über Maria Theresia der Satz dasteht:

Mit zunehmendem Alter wurde sie neben ihrer (sic!) Schwangerschaften auch wegen ihrer Liebe zum Essen von Jahr zu Jahr fülliger.

Der Genitiv galoppiert dem Autor noch des öfteren davon:

Aus dem Jahr 1732 ist uns ein Bericht über das Schloss des Gesandten Küchelbecker überliefert…

Gemeint ist aber Schloss Hof, das nachweislich nie dem Küchelbecker gehörte; aber Deutsch scheint auch Germanisten mittlerweile zunehmend schwerer zu fallen.

Was nun der (sic!) dortigen Tagesablauf betraf, so war er relativ eintönig.

So geht das eigentlich in einer Tour.

Wenn dem Autor nicht gerade die Grammatik in die Parade fährt, dann müht er sich inhaltlich ab. Die Hälfte seines Buches widmet er den Herrschern – von Leopold I., der 1658 gekrönt wurde, bis Leopold II., der 1792 starb – und ihren Familien. Dieser Teil ist weder als politische noch als dynastische Geschichte besonders lesenswert, auch nicht sehr systematisch, für einen Rahmen zu den Kulturthemen des zweiten Teils fällt er jedoch allzu üppig aus: der ganze Rest umfasst grade mal genauso viele Seiten.

Vieles, was dann im zweiten Teil kommt, wurde im ersten bereits gesagt – und nicht wesentlich ergänzt, doch bestimmte Geschichten wiederholen sich wieder und wieder, eine hohe Dichte im name dropping erfährt leider kaum je Vertiefung. So kommt fast alles und jeder zwar irgendwie vor, man findet aber wirklich zu allem in der Wikipedia mehr an Detail… Wenn’s denn gut geschrieben wär‘! Leider aber auch nicht.

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