Zweiter Abend des spektakulären Rings aus New York

Leider habe ich – aus falscher Einschätzung – das Rheingold verpasst: ich hatte mich zu entscheiden zwischen Straussens Ariadne auf Naxos und eben dem ersten Abend der Ring-Neuproduktion der New Yorker Metropolitan Opera von Robert Lepage unter Maestro James Levine. Dummerweise habe mich für einen elendiglich langweiligen, nichtssagenden Strauss im Theater an der Wien entschieden und leider das Rheingold versäumt.

So komme ich erst anläßlich der Walküre in den Genuss dieses phänomenalen Projekts: Bühnenbildner Carl Fillion und Boris Firquet für die Videoprojektionen haben einen gigantischen technischen Apparat auf die Bühne gestellt, den jedermann nur ehrfurchtsvoll The Machine nennt: das Team betritt hier technisches Neuland und stellt Bühnentechnik ins Zentrum, wie sie an kaum einem anderen Opernhaus denkbar erscheint; die MET musste sogar ihre Fundamente umbauen und den Bühnenboden mit Stahltraversen verstärken, um das zig Tonnen schwere Monstrum überhaupt einsetzen zu können.

Was daraus wurde, ist schlichtweg atemberaubend. Die flexible Bühnentechnik erlaubt eine neu gefasste Ring-Erzählung, in der ähnlich Tempo herrscht wie in der Umsetzung der Furia dels Baus, jedoch im Gegensatz zu jener die Geschichte selbst noch im Konkreten bleibt.

Natürlich lebt ein Ring nicht von der Inszenierung oder Bühne allein: James Levine bringt als Routinier am Pult die richtigen Tempi und die feinfühlige Führung ein, die Besetzung ist – zumindest – erlesen.

Der junge Jonas Kaufmann singt einen beherzten, sprachlich vollendeten Siegmund, ihm zur Seite verkörpert Eva-Maria Westbroek eine blutvolle Sieglinde, auch sie in perfekter Sprache, makellos gesungen. Hans-Peter König beherrscht als Hunding das Feld, stattlich, sonor.

Eine Klasse für sich ist Bryn Terfel als Wotan: obwohl der Wiener Wotan Juha Uusitalo wohl noch präsenter wirkt, gesanglich gibt es nichts zu mäkeln. Auch der Waliser singt seinen Text akzentfrei und verständlich.

Leider kann man das von Brünhilde Deborah Voigt nicht behaupten, sie wirkt ungenügend einstudiert und intoniert bisweilen zu spät, auch waren zumindest zweimal unschöne Kiekser zu hören. Ihr Spiel ist bestenfalls bemüht, die Fröhlichkeit der Auftrittsszene mit Vater Wotan als geradezu lebendig ausgenommen.

Eine eigene Kategorie bildet Stephanie Blythe als Fricka: mit ihrer maßlosen Körperfülle, aus der man gleich mehrere Walküren schneiden könnte, versinnbildlicht sie wohl ziemlich exakt, wovor Göttervater Wotan in die Arme seiner zahllosen Liebschaften flieht. Haare auf den Zähnen hat sie außerdem – doch das ist die Rolle. Was sie aber an Beweglichkeit im Spiel vermissen lässt, macht ihre Stimme vollends vergessen.

Auch Patricia Bardon fällt positiv auf als Erda, wenn auch rollenbedingt nur allzu kurz.

Dieser Ring scheint – auch abseits all des Spektulären in Technik und Inszenierung – eine Sensation zu versprechen. Man darf gespannt sein auf die nächste Saison!

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