Teil drei einer epochalen Inszenierung

Regisseur Robert Lepage und Bühnenbildner Carl Fillion sind auf dem Weg – und mit dem dritten Teil der Tetralogie von Richard Wagner auch schon sehr nah am Ziel -, den besten Ring aller Zeiten auf die Bühne zu stellen.

Wohl gemerkt, es gab natürlich einzigartige Aufführungen und Einspielungen in sanglicher Hinsicht: da ist die neue Produktion der MET sicher nicht unter die allerbesten aller Zeiten zu reihen – unter die allerbesten unserer Tage aber zweifellos. Die Inszenierung jedoch ist eindeutig als nicht nur aufwändigste sondern ohne Zweifel beste aller Zeiten anzusehen. Sie ist schlicht atemberaubend!

Die riesige Maschine, die den Bühnenraum beherrscht, ist ein Glücksgriff: diese mit enormem Aufwand kreierte bewegliche Videolandschaft erstarrt nämlich nicht in lebloser Technik, sie befördert geradezu Phantasie und Illusion, wie es beste Theatertradition bislang nicht vermochten. Das Gute an der Live in HD-Übertragung ist, dass die Geräusche, die angeblich von der Maschine erzeugt werden, im Kinosaal nicht zu hören sind, ebenso die von manchen Kritikern bemängelten Akustikprobleme bei abgesenkten Positionen einiger Szenen.

Es ist fast logisch, dass diese Produktion von eingefleischten Wagnerianern nicht goutiert wird – aber wer sich an Bayreuth orientiert, für den ist ohnehin Hopfen und Malz verloren.

Der blutjunge Texaner Tenor Jay Hunter Morris, der für den erkrankten Gary Lehman eher kurzfristig einsprang, erweist sich als der Rolle mehr denn gewachsen. Was er vielleicht an Wagnerischem Volumen und Presskraft nicht ganz hat, macht er im Lyrischen mehr als wett. Und er vermag den Vorteil der Jugend auszuspielen: Jay Hunter Morris ist einer der wirklich wenigen Tenöre, denen man den Drachentöter Siegfried abzunehmen geneigt ist.

Anders die Erweckung der Brünhilde im dritten Akt: neben dem jugendlichen Helden nimmt sich Deborah Voigt geradezu verlebt aus – und die Aussicht auf das, was nach dem Vorhang kommt, wie Werbung für Granny-Sex. Obendrein ist sie die schwächste in der Sängerriege. Die Partie ist nicht eben leicht, aber das ist im Ring wohl keine; doch sie schafft ihre Höhen zum Teil nicht, klingt viel zu scharf – und hat das schauspielerische Talent einer Bittergurke.

Seinen untergangsbewussten Wotan, hier als Wanderer, legt der walisische Bass Bariton Bryn Terfel – wie schon in denen anderen Teilen – weniger strahlend denn gebrochen an; an diesem Punkt der verqueren Handlung ist selbst für den Obergott nichts mehr zu wollen. Klar und stark übertönt er aber das speziell im dritten Akt dicht gewobene Orchester.

Den intensivsten Moment hat Wotan im zweiten Akt, wenn er auf seine Schicksal trifft in Gestalt des Alberich: der afroamerikanische Bass Eric Owens gibt in seinem für Wagner’sche Verhältnisse kurzen Auftritt wahrlich Grund zur Freude.

Genial ist aber der listig perfide Mime, den der deutsche Tenor Gerhard Siegel mit Hintersinn und viel Humor anlegt, sprachlich gewaltig, aber auch feinsinnig in Passagen, da er sich ins Off selbst kommentiert.

Die kurze Rolle der Erda singt eine erdige Patricia Bardon insgesamt wenig bemerkenswert: da ihre Funktion für das Drama aber eher die einer Statistin ist, die sich Wotans Analyse anhören muss, macht das an sich wenig; störend nur, dass sie nicht ganz über das passende Register verfügt.

Dirigent Fabio Luisi entlockt dem Bühnenorchester der MET einen kammermusikalisch feinen Klang, der die psychologische musikalische Zeichnung der Figuren, die Wagnern in den Texten nie gelang, fern der donnernden Wagnertradition hörbar macht.

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