Mit Igor Stravinskijs Sacre du Printemps ist leicht Begeisterung hervorrufen – zumindest ist fast hundert Jahre nach den Krawallen bei der Uraufführung die archaisch-rhythmische Ballettmusik endgültig im breiten Repertoire angekommen. Offenbar entschädigen die mitreissenden Rhythmen für die Dissonanzen – und an beiden hat Stravinskij nicht gerade gespart.
Das hierzulande nicht gerade sehr präsente Rotterdam Philharmonic Orchestra setzte das gewaltige Werk sehr differenziert um, fein und nuanciert in den Pianos, mit hörbarer Liebe zu den streng modernen Passagen, und gewaltig in den Tutti. Valery Gergiev, oftmals und mit verschiedenen Orchestern zu Gast in Wien, führte den reich besetzten Klangkörper souverän an allen Versuchungen vorbei, ins Schunkelnd-Tänzerische zu verfallen.
Vor dem Sacre du Printemps standen noch das Konzert für Harfe und Streichorchester von Claude Debussy sowie die Balletmusik zum Orpheus, gleichfalls von Stravinskij, auf dem Programm, zwei damit verglichen eher leise Werke.
Die Harfe als Konzertinstrument ist eher gewöhnungsbedürftig, wiewohl sie in die impressionistischen Klangmalereien Debussys perfekt passt. Ein nettes Stück, nett gespielt.
Auch der Orpheus wirkt schon vor dem Sacre du Printemps, als wäre er von ihm erschlagen – oder ist das nur die übermächtige Erwartungshaltung vor einem nachfolgenden Hit?
Immerhin ist der Sacre du Printemps schon so weit akzeptiert und Teil des Kanons, dass sogar das übliche Publikum der Orchesterkonzerte im Konzerthaus in frenetischem Applaus sich erleichtert. Man wird aber den Eindruck nicht los, es schwinge da auch eine Erleichterung mit, dass es dann doch vorüber ist.